Was mich die Erfahrung des Fremdseins lehrte, als Deutsche im Ausland und als Fremde im eigenen Land: Mich in die eigene Mitte zu stellen / ganz.
US–Studentin:
An der Boston University bin ich als Stipendiatin vor allem Fremde unter Fremden. Privilegiert. Spielen wir bunt gemischtes Globaltheater. Asien, Afrika, Amerika & außerdem das alte Europa. Das hilft den Blick zu schärfen.
Nichts ist mehr selbstverständlich: Ich weit weg. Die neue Sicht auf alte Heimat hilft, im Alltäglichen das Besondere wiederzuentdecken. Die wunderbare Vielfalt der Sprachen, der Brotsorten und da noch von Lira, Pfund & Pfennig.
Und doch hatte sich im Einerlei des amerikanischen Dollars bereits Anfang der Achtziger universitär etabliert, was in Deutschland erst Jahre später in die Curricula der Universitäten Einzug halten sollte: Computer Science & Web.
Im Dunstkreis von MIT, Harvard University und Radclyffe College lernte ich die Vorzüge von Trial and Error kennen, die Lust an der mutigen Verknüpfung des ewig Alten zu immer neuen Überraschungen: Die Baba Yaga in Hosen.
Und die Namen mancher meiner Lehrmeister/innen klangen merkwürdig vertraut in meinen Ohren: Löwenstein, Salomon & Mandelkern. Und manchmal schien es mir, als sei ich ihnen nachgereist. Ins Exil. In fremde Freiheit.
Essayistische Denkkaskaden, hier endlich willkommen, wo ich in der empirischen Bange deutscher Datenenge oft Atemnot fühlte. Und die genaue Gewissheit, dass dies nicht mehr mein Ort sei für Abenteuer, dem Anfang aller Erneuerung.
Deutsche Ausländerin:
Kein Deutsch mehr sprechen können. Darin unverstanden sein. „Are you Swedish?“, fragen mich viele. Und ich nicke. Die blutdunkle Geschichte meines Landes ist noch gegenwärtig Anfang der Achtziger in Amerika.
Aber sie fehlt mir doch. Die alte deutsche Sprache. Mir so lieb. Yes, Mam! Und wie liebe ich die Ausflüge ins Amerikanische. Dessen Klangweite keine Grenzen kennen will und mir gut gelingt, wenn ich mich ganz darin vergesse.
Fremde im eigenen Land:
Die Erfahrung von Fremdsein im eigenen Land. Anderssein als Grund für mögliche Diskriminierung erleben. Den Blick auf mich als Lesbe noch lange geprägt von den Ängsten meiner Vorfahren: „Die wurden doch vergast!“
Mein lauttönendes Schweigen als Schulsprecherin übt sich zugleich in stiller Wahrnehmung. Höchst wirksam, da ich noch glaube, gelyncht zu werden, wenn das rauskommt, sozial geächtet.
Ich lerne genau hinzuhören, was gesagt wird und was ungesagt bleibt: Die Kunst, das Stimmige vom Unstimmigen zu unterscheiden. Das Unausgesprochene zwischen den Zeilen zu erkennen. Wahres.
Die Erfahrung, vom Rand auf die Menge zu schauen, ist mir vertraut. Mich nur scheinbar dazugehörig fühlend. Selbst verleugnet. Habe ich so am eigenen Leibe den inneren Zwiespalt erlebt, den es bedeutet, sich zu verstellen.
Und konnte daher früh lernen, dass sich zu finden und dazu zu bekennen, grundlegend wirkt: Indem so durch Verstellung gebundene Energien erfolgreich für neue berufliche wie persönliche Vorhaben freigesetzt werden können.
Bücher von Birgitt Morrien:
www.cop-morrien.de / Publikationen
Mehr über die Morrien-Geschichte
http://de.wikipedia.org/wiki/Morrien
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Hinweis:
An:
Herrn Minister Armin Laschet
Ministerium für Generationen, Familie
Frauen und Integration
Horionplatz 1
40213 Düsseldorf
Landtag NRW
Ausschuss für Generationen, Familie und Integration
Vorsitzende Frau Andrea Milz
Referat I.1/A 04
Platz des Landtags
40221 Düsseldorf
Protestnote: Zu früh für lax
Das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration hat jüngst informiert, dass die Landesregierung NRW sehe eine Kürzung der Förderung im Bereich „gleichgeschlechtliche Lebensformen“ um fast 40 % gegenüber dem Haushaltsansatz 2005 vorsieht. In Zahlen bedeutet dies eine Kürzung ohnehin schon geringer Mittel in Höhe von rund 650.000,- € um circa 240.000,- € auf etwa 410.000,- €.
Das Land NRW trägt – angesichts jahrzehntelanger staatlicher Verfolgung und noch andauernder gesellschaftlicher Diskriminierung von Lesben und Schwulen als Minderheit – hier unverändert politische Verantwortung!
Ich bin empört darüber, dass sich das Ministerium mit einem großen Schritt genau daraus verabschiedet.