Poetischer Sommer 7-8 /2006. 8. Der Diamant oder: Die Logik des Gelingens

Jeder nachhaltige Erfolg kennt die facettenreiche Schwärze der Nacht. Denn nur hier, tief in der Erde, entstehen unter größtem Druck jene kostbaren Steine, deren lichtes Funkeln unsere Sehnsucht und unser Verlangen wirklich sättigen können.

 
 
1. Aufhebung
 
Sein Unglück
ausatmen können
 
tief ausatmen
sodass man wieder
einatmen kann
 
Und vielleicht auch sein Unglück
sagen können
in Worten
in wirklichen Worten
die zusammenhängen
und Sinn haben
und die man selbst noch
verstehen kann
und die vielleicht sogar
irgendwer sonst versteht
oder verstehen könnte
 
Und weinen können
 
Das wäre schon
fast wieder
Glück
 
 
Erich Fried

2. Prioritäten setzen
 
Denken wir an das, was einen wirklichen Wert besitzt, an das,
was unserem Leben einen Sinn gibt, und setzen wir
                                     unsere Prioritäten dementsprechend.

Der XIV. Dalai Lama
 
 

 
3.  Die Entscheidung
 
Woher sie kam, und wie sie sich zu mir
Gefunden, dieses frage nicht. – Als ich
Die Augen wandte, stand sie mir zur Seite,
Und dunkel mächtig, wunderbar ergriff
Im tiefsten Innersten mich ihre Nähe.
Nicht ihres Wesens schöner Außenschein,
Nicht ihres Lächelns holder Zauber war’s,
Die Reize nicht, die auf der Wange schweben,
Selbst nicht der Glanz der göttlichen Gestalt –
 
Es war ihr tiefstes und geheimstes Leben,
Was mich ergriff mit heiliger Gewalt,
Wie Zaubers Kräfte unbegreiflich weben.
Die Seelen schienen ohne Worteslaut,
Sich ohne Mittel geistig zu berühren,
Als sich mein Atmen mischte mit dem ihren.
 
Fremd war sie mir und innig doch vertraut,
Und klar auf einmal fühlt’ ich’s in mir werden:
Die ist es oder keine sonst auf Erden!
 
 
 
Friedrich Schiller: Die Braut von Messina

Ein Gedanke zu “Poetischer Sommer 7-8 /2006. 8. Der Diamant oder: Die Logik des Gelingens

  1. Liebe Frau Morrien,
    ich kann das wirklich nur bewundern, was Sie hier jede Woche auf die Beine stellen. Wie schaffen Sie das nur? Ich zwinge mich, einmal alle 2-3 Monate zu einem Newsletter (allerdings in drei Sprachen), und das kostet mich jedesmal ein ganzes Wochenende plus mehrere Stunden ein paar Tage davor und danach.
    Mit kollegialen Grüssen
    Annette Reissfelder

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