Mit Coaching den Wandel bewältigen!
Wie Birgitt Morrien als Senior Coach DBVC Medienschaffende darin unterstützt, ihre beruflichen Herausforderungen unter zeitweilig schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wirksam zu klären, zu lösen und zu bewältigen. Coaching-Blogger veröffentlicht einen Beitrag der Kölner Kommunikationsiwssenschaftlerin für promedia, Entscheider-Magazin der Medienbranche:
I. Prolog: Der Krise professionell begegnen,
Medienschaffende und mentale Navigation
Die Medienwirtschaft erlebt zurzeit ihre größte Krise der Nachkriegszeit. D.h., sie befindet sich in einer entscheidenden Veränderung. Das, was war, ist nicht mehr und das, was wird, ist noch nicht da. In dieser Zeit des Übergangs wird der Ruf nach Orientierung laut, um Perspektiven zu schaffen. Was bedeutet dies jedoch für den/die Einzelne/n? Wie erlebt und bewältigt er/sie den Alltag und die Aufgaben des Wandels?
Als Coach bin ich täglich in meiner Beratungstätigkeit direkt mit den Folgen der Krise konfrontiert. Mit meinen Partner/innen berate ich erwerbstätige und erwerbsuchende Kommunikations- und Medienschaffende. Aufgabe und Ziel unserer Beratungsarbeit ist es, die Coachees bzw. Klienten darin zu unterstützen, ihre beruflichen Herausforderungen wirksam zu klären, zu lösen und zu bewältigen.
II. Fallbeispiele: Den Blick öffnen für neue Möglichkeiten
1.Fall: Erst loslassen, dann aufsteigen
Die Geschichte eines karriereorientierten Redakteurs, dem es mitten in der Medienkrise trotz hohem Konkurrenzdruck gelang, auf dem Sprung in die nächst höhere Liga erfolgreich seine Konditionen zu kommunzieren.
Mateo (37) arbeitet seit Jahren als Redakteur eines privaten Senders. Das von ihm mitbetreute Format ist schon lange sehr erfolgreich, auch wenn die Zuschauerquote im letzten Jahr erstmalig leicht rückläufig war. Während die Quote in den vorangegangenen Jahren jährlich deutlich stieg, nahm die Zahl der Kollegen und Kolleginnen jedoch zeitgleich ab. Die Qualität der Sendung habe darunter gelitten und sei seither nur unter größten Anstrengungen aller Beteiligten auch nur annähernd zu halten. Auch sei er nicht mehr mit seiner Arbeit zufrieden, sie brenne ihn aus, sagt er.
Besonders ärgert ihn jedoch, dass neuerdings die Medienkrise als Kürzungsgrund „nachgekartet“ wird. Er fühle sich müde, sagt Mateo und bedaure sehr, zu wenig Zeit für seinen Lebensgefährten und seine Freunde zu haben. Trotz des sehr guten Gehaltes empfindet er den Preis für die Mehrarbeit deutlich höher als den Gewinn. Der Preis ist ein Magengeschwür, das er operativ entfernen lassen muss. Als Dilemma empfinde er zudem, dass ihm kurz vor der Diagnose angeboten worden ist, im nächsten Jahr Chefredakteur zu werden. Er sei jedoch skeptisch, ob er das Angebot annehmen solle, sagt Mateo. Zur Entscheidungsfindung ist er zu mir ins Coaching gekommen. Die Kosten für den Coachingprozess trägt er zunächst privat.
Zu Beginn analysiere ich mit ihm biografische Hintergründe der eigenen Berufswahl. Von mir angeleitet, reflektiert Mateo die eigene berufliche Entwicklung vor dem Hintergrund familiärer Traditionen. Bei ihm finden wir dort vor allem erfolgreiche Kaufleute, aber auch einen Großonkel, der als Fotograf nach Florida ausgewandert ist und „irgendwie anders war“. Zwar sei das künstlerische und unternehmerische Können des Onkels gerade von seinem Vater immer wieder als beispielhaft hingestellt worden, dessen Privatleben aber blieb tabu. Dennoch habe er sich als Kind sehr zu diesem Onkel hingezogen gefühlt. Als frühesten Berufswunsch erinnert Mateo sich, als „Bildermacher“ für diesen Onkel in Florida arbeiten zu wollen.
Als TV-Redakteur ist er diesem Großonkel gefolgt, auch als schwuler Mann. In seinem beruflichen Umfeld stellt das kein Problem dar. Dennoch erlebt er die väterlichen Vorbehalte gegen seine schwule Identität als „innere Antreiber“. Wie bereits sein Großonkel sei auch er in den Augen seines Vaters zugleich „Held und Sünder“, bedauert Mateo. Diese Ambivalenz treibe ihn dazu, seinen Vater durch immer neue Erfolgsmeldungen zu beeindrucken. Dieser psychologische Mechanismus und der personelle Engpass in der Redaktion wirken stressverstärkend ineinander. Indem dies im Coaching bewusst wird, lassen sich nun gesundheitsfördernde Lösungsstrategien entwickeln.
Ein Schritt in dieser Richtung ist die von mir sogenannte „Kontaktfeldanalyse“, wobei Qualität und Quantität sozialer Vernetzung untersucht werden nach Kriterien wie Familie, Freunde und Freundinnen, Kollegen und Kolleginnen sowie Nachbarn und schließlich entfernte Bekannte. Hier werden vergessene oder eingeschlafene Kontakte ins Gedächtnis gerufen und mit Blick auf zukünftige Schritte erneut ins Blickfeld gerückt. Mateos Arbeitsergebnis zeigt im Wesentlichen, dass er bis vor etwa drei Jahren viele Freunde hatte, die jedoch zunehmend durch Kollegen und Kolleginnen verdrängt wurden, ohne dass die neuen Kontakte eine vergleichbar freundschaftliche Qualität ersetzen konnten. Es wird deutlich, dass das Verhältnis Arbeit und Freizeit in eine ausgewogenere Balance gebracht werden muss.
Mittels der P/Review-Technik** gleichen wir im nächsten Schritt die Stimmigkeit seines aktuellen Berufsweges mit seiner Vision ab. Darin sieht er sich in den kommenden Jahren als Chefredakteur mit genügend Mitarbeiter/innen und Zeit für Freunde. Das verwundert ihn zunächst, denn er habe eher vermutet, das Unternehmen verlassen zu müssen, da ihm umfassende Verbesserungen dieser Art bisher aussichtslos erschienen.
In einem weiteren Schritt arbeiten wir mit der Option „Als ob“, d.h., wir tun so, als hätten sich die Dinge bereits zum Besseren gewendet. Im Verlauf des Gespräches gelingt es ihm, sich mental in die innere Haltung zu bringen, seine Vision sei reale Vorwegnahme des Möglichen. So gestimmt spielen wir mehrfach ein Verhandlungsgespräch mit seinem Vorgesetzten durch, in dem Mateo ihm zusehends ruhiger und bestimmter zu vermitteln weiß, unter welchen Bedingungen er bereit ist, die Beförderung anzunehmen.
Einige Tage später ruft Mateo mich an und teilt mir erfreut mit, das Gespräch mit seinem Vorgesetzten sei zu seinem eigenen Erstaunen unverhofft gut verlaufen. Dieser habe eingelenkt, nachdem es Mateo gelungen sei, einfach und ohne jeden Groll deutlich zu machen, er werde die Redaktion ohne die Perspektive wesentlicher personeller Verbesserungen auf jeden Fall verlassen. Das Resultat der anschließenden Verhandlung seiner Beförderungsbedingungen stimmt Mateo zuversichtlich: Als Chefredakteur hat er Anspruch erstens auf zwei neue Mitarbeiter/innen, zweitens auf ein verlängertes Wochenende pro Monat und drittens auf regelmäßige Weiterbildung wie etwa auch Führungscoaching durch einen externen Coach seiner Wahl.
Nach der Operation möchte Mateo sich insbesondere auf die Aufgaben seiner neuen Führungsrolle vorbereiten. Er beschließt, ein Seminar zum Thema „Vom Kollegen zur Führungskraft“ zu besuchen und die praktische Umsetzung des dort Gelernten mit mir als Coach zu reflektieren. Insbesondere Fragen zu Nähe und Distanz im Umgang mit den ehemaligen Kollegen und Kolleginnen möchte er im Blick behalten, erklärt er. Darüber hinaus brauche er ein Forum, wo er sich unbefangen austauschen könne, um nicht seinen Lebensgefährten oder seine Freunde mit seinen Belastungen und Fragen zu überfordern. Auch das Gespräch mit seinem Vorgesetzten oder seinen zukünftigen Mitarbeitern hält er nicht für das geeignete Forum, um seine Ideen, Führungs- und Strategiefragen zu besprechen. „Die haben natürlich ihre eigenen Interessen im Sinn“, erklärt er. „Und die stimmen wegen der Hierarchie nicht zwingend mit meinen überein.“
Hinweis: Teil 2 folgt am 9. März 2007. Darin geht es u.a. um den wertschöpfenden Aspekt des Scheiterns, um die ungeliebte Schattenseite des Erfolgs.
* Im Coaching heißen die zu beratenden Kunden Klienten bzw. auch Coachees.
** Zur Visions- und Strategieentwicklung bietet DreamGuidance (eine von mir entwickelte ganzheitlichen Coachingmethode) die P/Review-Technik an: Geführter Tragtraum an einen selbst bestimmten späten Zeitpunkt im Leben des Coachees. Die Erinnerungen dieser mentalen Reise werden anschließend auf einer Zeitschiene dokumentiert, sei es bildlich oder sprachlich. Dabei entsteht – nach linearem Zeitverständnis – gleichermaßen das Bild von Erinnerung und Vision.