Der Stolz des schwarzen Schafes, sich verletzbar zu zeigen

Wie Prozess-Entwicklung geht, zeigt sich am Beispiel meines neuen Buchprojektes, das noch sein Covermotiv sucht. „Traumhaft gelöst“ wäre schön, zumal so der Titel so lautet. Meine Coaching-Theorie auf dem Prüfstand.

„Überpersönliche Portraitfotografien“ habe ich für meinen kommenden Essayband bei einer mir bekannten Kunstfotografin in Auftrag gegeben. „Traumhaft gelöst – Coaching mit DreamGuidance“* lautet der Titel dieser Publikation, die Texte von mir aus den letzten zwei Jahren bündelt. Inspirationen, Reflexionen und Informationen zu Management und Kommunikation. Zuerst in meinem virtuellen Logbuch „Coaching-Blogger“ erschienen, einmal wöchentlich, meist freitags.

Die Fotografin ist eine in unsere Sippe eingeheiratete Österreicherin, und ich bin mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Sofort verliebt war ich in ihre Aufnahme eines Ziegenbocks vor weißer Schafherde, der seinen schwarzen Kopf vertrauensvoll in meine Hand legt. Wie sicher er sich weiß, verrät sein Blick. Der Berührung wachsam ganz hingegeben, sich verletzlich zeigend. Seiner selbst zugleich ganz sicher. Wissend, wohin er springen wird, weit weg, sollte ich den Respekt für seine Entscheidung zu solcher Nähe auch nur den Bruchteil einer Sekunde vergessen.

Diese Aussage gehört aufs Cover, teile ich meine Begeisterung für das Bock-Motiv mit der Fotografin, mit der Grafikerin und einer Malerin: Die Herde der Schafe bildet dazu den Hintergrund. Wovon sich der Leithammel in besonderer Weise absetzt, indem er sich besonderer BeHANDlung überlässt: Sich so von innen her zu zeigen, macht verletzbar und verlangt von ihm daher besonderen Mut.

Von der Anmut dieser Geste und der darin geborgenen Kraft angetan, verläuft das Kaffeehaus-Arbeitstreffen zur Fotoauswahl für das Buchprojekt entspannt. Leicht ist zudem entschieden, welche weitere Aufnahme welchem der Kapitel vorangestellt werden soll. Alles ist gut, ahne ich, solange nur der kluge Blick dieses schönen Tieres das Cover ziert.

Bis meine Lebensgefährtin als Erste das Bild ganz anders deutet. Ein verletztes Tier sieht sie darin, wohl verendend. Und ihrem Feedback folgt die Resonanz anderer, die ich in der Folge frage, wie „schwarzes Schaf“, „Opferung“, „Opferlamm“, „Abhängigkeit“, „Tod“ oder auch, eher amüsant, die „Verheißung auf schöne Zeiten in griechischer Wollproduktion“ – einerseits.

Andererseits höre ich auch genau entgegengesetzte Assoziationen, die meine Ursprungsbegeisterung spiegeln. Ein Auftraggeber, belustigt, sieht darin das Versprechen, nach zielsicherer Träumerei im Coaching bei mir werde ihm ein schwieriger Kunde sicher bald aus der Hand fressen. Einer Partnerin steht das Motiv für Vertrauen als Bedingung für jeden Beratungserfolg. Einem Klienten ist es Sinnbild fürs Aufgehobensein in einer anspruchsvollen Ausnahmesituation.

SO GEHT DAS NICHT, schreibt mir ein Kommunikationsdesigner, den ich in meiner lieben Entscheidungsnot ebenfalls um Feedback gebeten hatte, klipp und klar. Doch SO VIEL IST SICHER: Der Bock polarisiert die Gemüter. Es provoziert kontroverse Positionen. Treibt die Ansichten verlässlich auseinander. Belebt so jede Runde zum Thema. Ist Eyecatcher, der in der Reaktion kein mittleres Maß kennt; dem man sich entweder zuwendet oder davon Abstand nehmen will. Bin ich bereit dazu, lautet die Frage, beide Reaktionen in Kauf zu nehmen? Will ich das / vermeiden?

Sterben und Tod sind Bedingung jeder Wandlung. Was in den Feedbacks widersprüchlich scheint, sind tatsächlich die zwei Seiten einer Medaille: Leben bedeutet Veränderung. Jede Geburt ist zugleich Geschenk an den unendlichen Lebenskreis, als Opfer. Jedem Sommer, der sich erfüllt hat, folgt der Verlust im Herbst. Raum für neues Wachstum schafft erst dieser Abschied. Und nur kalte Winterwache schützt den kleinen Samen. Doch wer es aus Erfahrung oder Erzählung nicht besser weiß, sieht im tiefsten Dunkel das Ende nahen.

Was hier geopfert wird, ist eine Illusion.
Coaching mit DreamGuidance will die Augen öffnen
für das, was wirklich ist, für jede/-n Einzelnen neu.

Der Ziegenbock ist Pan gleich, der mit dem ersten kräftigen Licht im neuen Jahr fröhlich die Flöte zum Spiel hervorholt. Wenn der Februar erste Risse in die Erde treibt, tanzen alle freudig miteinander. Bis Mittag, dann macht Pan Siesta. Und wehe, jemand aus der Herde stört ihn dabei. Dann scheucht er die Menge durch panischen Schrecken zu jäher Massenflucht auf. Pan ist der Meister der Freude und der Furcht. Wenn er als Kunde seinen Kopf vertrauensvoll in meine Hände legt, weiß ich, wer mich da (l)ehrt. Als Mensch und als Beratende.

 

*der Titel erscheint rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse. Die Covergestaltung ist noch offen.

Das Foto: Kein schwarzes Schaf
http://cop-morrien.de/downloads/IMGP8775.jpg

Die Fotografin: Nicht mehr in Wien
http://www.foto-grafiker.com

 

 

 

 

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