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Morrien duelliert sich – Kriminalfall von 1609

Auf einem spektakulärem Kartenfund sind die beiden Figuren leicht zu übersehen, so detailreich ist der historische Plan von 1609 gezeichnet: Die Degen gezückt, liefern sich die Adligen Dietrich von Galen und Erbmarschall Gerhard Morrien zu Nordkirchen ein Duell auf dem Domplatz zu Münster. Damals wie heute ein Kriminalfall, der Rätsel aufgibt.

 

Noch immer ist die alte Karte ist gut erhalten. Erst 2008 war sie in Bad Homburg aufgetaucht, gilt seitdem als älteste Darstellung der Stadt Münster überhaupt. Klar ist: Das historische Stück Papier diente einst zur Illustration des Vorfalls zwischen von Galen und Morrien. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts beschäftigten sich Richter mit dem Streit der beiden Adligen, der für Morrien tödlich endete. Jetzt haben Experten mithilfe der historischen Karte den Fall von damals neu aufgerollt – und ein Buch darüber verfasst. „Tatort Domplatz. Der Münster-Plan von 1609 und seine Geschichte(n)“, heißt es.

Täter und Opfer

Wer war Täter, wer das Opfer? War es ein faires Duell oder ein Hinterhalt? War der kleine, dickliche Morrien mit dem Sprachfehler dem stattlichen, an der Waffe bestens ausgebildeten von Galen überhaupt gewachsen? Die Karte könnte Aufschluss geben. Besonders spannend: Sie wurde korrigiert. Jemand hatte die Duell-Szene überklebt. Über Jahrhunderte wusste niemand, was darunter eingezeichnet war. Am Institut für vergleichende Städtegeschichte in Münster ist man der Sache schließlich nach gegangen.

Das Ergebnis: Stehen sich die Duellanten der Ursprungsversion mit gezückten Degen gegenüber, so hatte Morrien in der korrigierten Abbildung die Waffe noch im Gürtel. Von Galen steht auffordernd als Aggressor mit gezücktem Degen vor ihm. „Die Körperhaltung der Gegner ist entscheidend für die Bewertung des Falls“, sagt Dr. Mechthild Siekmann, Herausgeberin des Buchs.

War es also Mord?
 
Nur so könne entschieden werden, wer Täter, wer Opfer war. War es also Mord? „Der Degen saß damals sehr locker“, sagt Mechthild Siekmann. Duelle galten beim Adel als schicklich. Unklar ist laut den historischen Gerichtsakten allerdings, ob alle Regeln eines Duells eingehalten wurden.

19 Jahre stritten die Witwe Gerhard Morriens und von Galen über Schuld und Sühne. Die Witwe hatte die Darstellung zur Illustration des Falls in Auftrag gegeben. In der korrigierten Fassung sollte ihr Gatte mehr als Opfer wirken. „Die Menschen waren visuell besonders verwöhnt“, sagt Professor Holger Th. Gräf, Mitarbeiter des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde.
 
Die Sorgfalt und das Detailreichtum sollten die Richter von der Ansicht der Witwe überzeugen. Ohne Erfolg. Am Ende sprachen die Richter von Galen frei, wie die Akten verraten.

 

Quelle: MünsterscheZeitung.de  /  Dennis Werner am 7.12.2009 19:01 Uhr

 

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