Im CoachGuide 2010 wird Morriens Ex-Coachee & Kommunikationsprofi Jutta Westphal zu ihren Coaching-Erfahrungen befragt. Aufhänger für das Interview sind Morriens frühere Second-Life-Aktivitäten, durch die sich Coach und Coachee fanden. Inzwischen hat sich Birgitt Morrien aus SL verabschiedet – zugunsten von Twitter. Das CoachGuide-Interview liest sich dennoch spannend.
Die redaktionell redigierte Fassung des Interviews lesen Sie im CoachGuide 2010
Coachee : Jutta Westphal
Position : Angestellte & Freiberuflerin
Alter : 38
Kontakt : jutta.westphal@yahoo.de
Coach : COP – Birgitt E. Morrien
Kontakt : contact@cop-morrien.de
Jutta Westphal arbeitet fest angestellt bei einem Freizeitgeräte- und Sportartikelhersteller in Remscheid. Sie leitet den Servicebereich für die Endverbraucher und organisiert Kommunikation, Handling, Callcenter und Ersatzteilvertrieb. Nebenbei ist sie selbstständig im Bereich New Media Consulting und hat ein Fachhochschulstudium „Kommunikation und Multimediamanagement“ abgeschlossen.
Wie stößt man in einer virtuellen Online-Welt auf Coaching-Angebote?
In der Hochphase von Second Life war ich dort sehr aktiv. Ich habe den Begriff „Coaching“ in die interne Suche eingegeben und bin auf das Angebot von Birgitt Morrien gestoßen. In ihrem Profil gab es ein Link zu ihrer Website und das fand ich alles ganz interessant, weil die US-diplomierte Kommunikationswissenschaftlerin nicht nur Karriereberatung macht, sondern auch als Unternehmenscoach und Buchautorin mit eigener Methode unterwegs ist. Also musste ich nur noch ihren Avatar anschreiben und so mit ihr Kontakt aufnehmen.
Was genau ist ein Avatar?
Avatar heißt einfach: Stellvertreter einer echten Person in der virtuellen Welt. Jeder Spieler hat einen Avatar und der trägt einen eigenen Namen über dem Kopf. Wenn man dort klickt, öffnet sich ein Profil. Da steht dann etwas über Vorlieben, ein Link zur Homepage und so weiter. Das wirkte bei Frau Morrien alles sehr professionell.
Wie kann man herausfinden, ob so ein virtuelles Angebot überhaupt seriös ist?
Das geht eigentlich mit einer Kombination aus gesundem Menschenverstand und den Daten aus dem Profil. Dann stellt sich oft auch bereits im ersten Gespräch, also im ersten Chat heraus, wie jemand agiert.
Was hat Sie bei Birgitt Morrien überzeugt?
Mir hat nicht nur ihr ganzheitliches Angebot gefallen, sondern auch das kleine virtuelle Stück Land, auf dem sie ihre Praxis eingerichtet hat. Diese liegt direkt an einem See, an dem schöne Musik spielt. Und die Praxis ist ein irisches Cottage mit drei Sesseln für die Avatare. Zudem haben wir ähnliche Interessen. Ich komme aus dem Medienbereich, und sie coacht auch überwiegend Kreative im Kommunikations- und Medienbereich.
Wie läuft ein virtuelles Coaching ab?
Wir haben uns in ihrem Cottage verabredet. Dann sind unsere Avatare ins Haus gegangen und haben sich nebeneinander in diese Sessel gesetzt. Das Gute an Second Life ist ja gerade die Ortsunabhängigkeit. Ich kann mich mit meinem virtuellen Coach auch mal um acht Uhr abends verabreden, wenn die reale Praxis geschlossen ist. Und ich selbst bin einfach zu Hause. Das war für mich mit zwei kleinen Kindern sehr hilfreich.
Beurteilt man in dieser virtuellen Welt eine Person zum Beispiel auch nach ihrer Aufmachung, ihrem Aussehen? Mit Sicherheit. Es ist ja wie im normalen Leben.
Aber in Second Life kann ich doch mein Aussehen selbst gestalten, also sehen doch wahrscheinlich alle gut, nett, adrett aus?
Das stimmt. Und es ist sogar so: Wenn man einem richtig hässlichen Avatar begegnet, spricht man ihn sofort an. Denn das ist sehr ungewöhnlich und lustig. Aber beim Avatar von Frau Morrien habe ich gleich erkannt, dass er sehr professionell zusammengebaut ist.
Wie ist die Situation in diesem Coaching-Cottage?
Die Kommunikation zwischen Coach und Coachee läuft entweder über Chat oder mittels Headset über Voice. Das ist dann mehr wie ein Telefonat, aber eben mit den beiden Avataren, die da sitzen. Wir haben beide Möglichkeiten genutzt. Per Voice hat mir die Beratung auch gut gefallen, weil Frau Morrien stimmlich sehr gut rüberkommt.
Haben Sie sich auch im normalen Leben kennengelernt?
Es kam dann ziemlich bald zu einem Coaching in ihrer Praxis. Ich war damals gerade in einer Phase der beruflichen und persönlichen Umorientierung. Ich hatte das Studium beendet und mir war nicht klar, ob ich selbstständig arbeiten wollte oder nicht. Da gab es sehr viel Gesprächsbedarf, so dass sich das dreitägige intensive Coaching face to face auf jeden Fall gelohnt hat.
Zumal ich mir das Coaching anteilig über öffentliche Töpfe fördern lassen konnte, da Birgitt Morrien offiziell als Unternehmens- und Marketingberaterin akkreditiert ist. – Danach funktioniert das virtuelle Coaching noch besser.
Warum?
Man kann hinterher bestimmte Themen in kleinen Stücken vertiefen. Wir haben uns zum Beispiel nur für eine viertel oder halbe Stunde in ihren virtuellen Räumen verabredet. Ich fand es auch sehr angenehm, dass sowohl der Avatar von Frau Morrien als auch der Online-Raum tatsächlich ähnlich aussahen wie im echten Leben.
Welchen Vorteil hat diese „künstliche“ Situation?
Manche Sachen sind für Coachees vielleicht virtuell sogar einfacher umzusetzen. Coaching ist ja sehr emotional. Und ich kann mir vorstellen, dass das vielen unangenehm ist. Da wird auch mal geweint und das kann man durch diese Virtualität ein bisschen abfedern. Man weint dann zwar auch vor seinem Computer, aber eben nur für sich. Und keiner sitzt einem gegenüber, vor dem einem das unangenehm wäre. Andererseits haben wir besonders im Coaching face to face oft gelacht, da Frau Morrien sehr humorvoll ist. Da macht selbst das Arbeiten an schwierigen Themen Spaß.
Dann könnten Coachees in virtuellen Welten sogar noch offener reden?
Auf jeden Fall!
Aber besteht nicht auch die Gefahr, dass man nicht „echt“ ist, im wahrsten Sinne des Wortes?
Aber man könnte ja auch im normalen Leben etwas vortäuschen. Außerdem ist Frau Morrien als Vortragende und Journalistin auch eine Frau des Wortes. Ihr entgeht so leicht kein noch so leiser Zwischenton, der für den Erfolg der Beratung wesentlich sein könnte.
Aber ist es für den Coach nicht schwieriger, Ihre Gefühle nur auf der Basis Ihres virtuellen Avatares zu erfassen? Es fehlen ja Mimik und Gestik!
Ich denke, man braucht da sehr viel Berufserfahrung, und Frau Morrien ist seit 15 Jahren im Beratungsbereich tätig. Man muss zwischen den Zeilen lesen oder Zwischentöne wahrnehmen können. Dazu gehören ein gewisses Fingerspitzengefühl und Erfahrung mit dem Medium.
Welche besonderen Methoden hat Frau Morrien in ihrem Online-Coaching angewandt?
Sie arbeitet zum Beispiel mit den drei Stühlen. Auf zweien sitzen unsere Avatare, und den dritten freien Stuhl nutzen wir während des Coachings. Ich sollte mir zum Beispiel vorstellen, dort säße mein Ahne, mein schlechtes Gewissen oder mein Unbewusstes. Und dann setzt man sich mit seinem Avatar auf diesen Stuhl und nimmt quasi die Rolle dieser imaginierten Person ein. So kann man sein Thema aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Das funktioniert auch virtuell sehr gut.
Das finde ich doch erstaunlich!
Ja, das ist auch ein Vorteil gegenüber zum Beispiel einer Telefonberatung. Man hat eine gewisse Körperlichkeit.
Körperlichkeit?
Also, man fühlt sich, als ob man dort vor Ort wäre. Wenn man zum Beispiel seinen Avatar zur mentalen Erholung für eine Weile im Toten Meer auf dem Rücken schwimmend treiben lässt, dann beruhigt das auch den Menschen vor dem Computer. Das ist natürlich nicht jedermanns Sache und auch ungewohnt, denn es ist sehr spielerisch und eher für kreative Zielgruppen geeignet, für die Innovation zum Tagesgeschäft gehört.
Was hat Ihnen das Coaching gebracht?
Ich habe mit Frau Morrien jemanden gefunden, der mir einen professionellen Rat gibt. Oder die richtigen Fragen stellt, so dass ich schließlich selbst auf den richtigen „Trichter“ komme. Frau Morrien versteht ihr Konzept als aktive Hilfe zur Selbsthilfe. Sie will sich so schnell wie möglich wieder überflüssig machen.
Haben Sie das Coaching auch in virtuellen Lindendollars bezahlt?
Nein, leider nicht, sondern in Euro. Das war die einfachste Möglichkeit. Dabei hat auch das Einstiegstreffen gekostet, da Frau Morrien immer mit einer umfassenden Arbeitssitzung startet. Sie will den Coachees einen authentischen Eindruck von sich und ihrer Methode verschaffen. Das braucht Zeit, da sie ja eher erlebnisorientiert vorgeht, nicht nur kognitiv. Für mich hat das Vorgehen im Nachhinein perfekt Sinn gemacht. Man muss erst mal etwas Zeit miteinander verbringen, um ihr Vorgehen wirklich kennenzulernen. Dabei die eine oder andere Tasse Kaffee zusammen trinken und schauen, ob man überhaupt zusammenpasst. In einem Coaching muss man sich auch riechen können. Sonst bringt das meiner Meinung nach nichts.