Gerücht: Recherche ist doch alles, oder?

 MMitDamit Morriens Partner Norbert Schulz-Bruhdoel für eine Glosse zur Feder greift, muss es einen probaten Anlass geben: Der enzyklopädisch gebildete PR-Profi stolperte jüngst über eine dpa-Meldung, von den Medien fleißig kopiert, die einen fehlerhaften historischen Bezug herstellte zwischen Mubarrak und den Pharaonen.

(nsb) Irgendwie befriedigt es den wissensdurstigen Geist, wenn die Redakteure in den Zeitungen, Magazinen und Sendeanstalten uns die kleinen, spielerisch eingestreuten Zusatzinformationen vermitteln, ohne die so manche Nachricht ziemlich blutleer bliebe; trocken wie eine Mumie, sozusagen.

So hat uns der informierende Stand darüber aufgeklärt, dass vor Hosni Mubarrak nur zwei Herrscher länger als er auf dem Pharaonenthron gesessen hätten. Mubarraks Haltbarkeitsgrenze nähert sich rasant dem Ablauftermin, aber immerhin 32 Jahre hielt er sich frisch; wenn auch in letzter Zeit wohl nicht mehr am ganzen Leibe – von bösen Tumoren ist die Rede.

Aber das lenkt jetzt ab. Was hatten die Rechercheure herausgefunden? Der gute alte Pharao Pepi, der zweite seines Namens, soll es vor rund 4200 Jahren volle 94 Jahre auf dem Thron ausgehalten haben. Und ein gewisser Muhammad Ali Pascha – nicht zu verwechseln mit dem großmäuligen Haudrauf in Boxershorts – hat im 19. Jahrhundert nachweislich 43 Jahre lang Ägyptens Schicksal bestimmt. So schrieb es ein Hintergründler von DPA auf, so kopierten es viele Zeitungen, so erzählten es uns Klaus Kleber und Tom Buhrow im Fernsehen.

Umso ärgerlicher, weil es falsch ist – grundfalsch, um genau zu sein. Ein volles Dutzend Menschen hat das Land am Nil in seiner langen Geschichte länger regiert als Mubarrak, die Hälfte davon echte Pharaonen. Amenemhet II. zum Beispiel oder Thutmosis III, letzterer zunächst und nicht ganz freiwillig unter der Fuchtel seiner Halbschwester. Vor allem aber Ramses II., auch "der Große" genannt, der 90 Jahre alt wurde und von 1279 bis 1213 v. Chr. auf dem Thron saß, 66 Jahre! Stets von einem zahmen Löwen begleitet, der jeden Meckerer zu verspeisen pflegte, wenn seine Majestät einen entsprechenden Wink gab. Das hat doch was, solche Details bebildern das historische Gedächtnis noch nach Jahrhunderten, oder?

Und was den Pepi angeht, jenen zweiten seines Namens: Der verdankt seine angeblich so lange Regierungszeit einem schon lange durchschauten Schreibfehler jenes Priesters Manetho, der uns die Thronlisten der Pharaonen hinterlassen hat. Tatsächlich kam Pepi als Sechsjähriger zu höchsten Ehren und starb mit 71, saß demnach ein Jahr weniger auf dem Schemel als der große Ramses, denn einen Thron kannte damals noch niemand.

Das muss man nicht wissen, Allgemeinbildung hört früher auf. Aber wenn uns die Journalisten mit ihren brillianten Kenntnissen beschenken wollen, dann wäre es doch schön, wenn sie wenigstens mal in Wikipedia schauen würden; mehr tun die meisten doch sonst auch nicht.

 

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2 Gedanken zu “Gerücht: Recherche ist doch alles, oder?

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