Coaching twittern. Birgitt Morrien im WDR-Interview

WDR 5 LebensArt befragt die Kölner Kommunikationswissenschaftlerin und Buchautorin Birgitt Morrien u.a. nach den Ursachen des Twitter-Hypes. Nur 140 Zeichen sind erlaubt. Die aber werden von einer immer größeren Fan-Gemeinde fröhlich genutzt. Twitter heißt das Internet- und Handy-Portal, mit dem man Kurzmitteilungen an alle Welt versenden kann. Morriens Twitter-Account "CoachingBlogger" folgen inzwischen rd. 2.800 Follower.
 
Promis machen es gerne, Barack Obama ist längst dabei, oder einfach Freunde und Freundinnen untereinander. WDR 5 LebensArt fragt sich, ob wir künftig alle twitternd, auf Deutsch zwitschernd, durchs Leben gehen.
Morrien hat für ihr Traum-Marketing mit Twitter ein neues komplexes Medium mit einfacher Bedienung gewonnen. Ihre Twitter-Liturgie zielt darauf, sinnstiftende Laufbahnen zu protegieren, wo immer es geht!

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Die Fragen stellt Michaela Paul:

Paul: Egal ob Promi, Politiker oder Ottonormalverbraucher – Menschen aus aller Welt zwitschern derzeit auf twitter.com um die Wette. Was macht den Charme des Mikroblogs aus und wie erklären Sie sich dieses Phänomen?

Morrien: Senden – Die short message hat einen gewissen Charme. Sie zwingt zur Präzision. Vermittelt das Wesentliche. Das gilt insbesondere für faktische News. Der Hinweis auf eine Veranstaltung, einen neuen Kontakt, ein neues Vorhaben. Was meine lyrische Ader angeht, ist die short message eine besondere Herausforderung, die mich zum Haiku zwingt, zur poetischen Kurzfassung.

Sich empfangsbereit machen – Ich kann das Medium auch auf Empfang umstellen. Beispiel: Als Herausgeberin bereite ich ein neues Buch vor, in dem ausgewählte Klientinnen und Klienten über ihre Beratungserfahrungen bei mir schreiben. Twitternd kann ich das Projekt kommunizieren und die Publikation so schon im Vorfeld promoten.

In diesem Fall tue ich zugleich twitternd kund, dass ich für das Vorhaben einen Verlag suche, der von meiner Coachingmethode DreamGuidance im Coaching begeistert ist und sich von den Erfolgsgeschichten meiner Coachees anstecken lässt. Von meinen Followern kann nun ein Tipp kommen, den ich dann nachverfolge. Oder ein Agent, eine Agentin, ein Verlagslektor oder eine -lektorin kommt direkt auf mich zu. So hat ein US-Kollege von mir jüngst seinen neuen Verleger gefunden.

Empfangsbereit sein – Das Ohr am Puls der Zeit haben, ohne Verzögerung Neuigkeiten durch die viralen Effekte von Twitter schnell erfahren. Es wird von vielen Early Adaptern genutzt, so dass Trends schnell aufgespürt werden können.

 

Paul: Wozu brauchen wir Twitter und was bringt mir das als Nutzer?

Morrien: Motivation klären – Für mich als Karriere-Coach und Kommunikationsberaterin ist die Motivation klar: Twitter-Kommunikation betreibe ich, um durch Coaching-Infos & Inspirationen auf meine Beratungsmethode aufmerksam zu machen, die das Wissen der Ratio und die Intelligenz der Intuition gleichberechtigt nutzt. Da ich vor allem Medienschaffende berate, sind unter meinen Kunden auch zahlreiche Digital Natives. Von mir wird erwartet, dass ich Anschluss halte an aktuelle Trends.

Mission bestimmen – Erst die Mission setzt die nötige Energie für Kommunikation frei. Mein Traum-Marketing hat ein neues komplexes Medium mit einfacher Bedienung gewonnen. Meine Twitter-Liturgie zielt immer in eine Richtung: sinnstiftende Laufbahnen zu protegieren, wo immer es geht!

Ad-hoc-Medium – Das Medium entspricht meiner spontanen Kommunikationsfreude. Das gilt auch für meine professionelle Kommunikation in Twitter. Wenn mir etwas auffällt, das auch für meine Follower relevant sein könnte, teile ich das schnell und unkompliziert mit. Hier kann ich etwa verlinken zu einem interessanten Video irgendwo im Netz, das mich gerade begeistert.

Promotion – Ich kann Bücher von oder Veranstaltungen mit mir bekannt machen, z.B. das Life-Coaching zum Thema "Selbstbewusstsein in der Krise" vor 200 Besuchern und Besucherinnen eines Business-Meetings kürzlich im Kölner KAP-Forum am Rhein. Im Vorfeld dazu und während der Veranstaltung selbst haben wir darüber getwittert. Vor und nach dem Event habe ich das selbst gemacht. Während der Veranstaltung hat das eine Mitarbeiterin für mich übernommen.

Reputations-Management – Über solche Aktionen lässt sich die Reputation twitternd managen. Zumindest, wenn der Live-Einsatz gut läuft, was im KAP-Forum der Fall war, gewinnt die Online-Reputation. Aber natürlich sind Live-Einsätze immer auch ein Abenteuer. Ich kann nicht wissen, wer sich aus dem Publikum meldet, ob ich es mit einer seriösen Anfrage zu tun bekomme oder ob sich jemand einfach profilieren will.

Vernetzung – Über interessante Nachrichten entstehen punktuell Kontaktoptionen, die sich sonst nicht so direkt ergeben würden.

Unterstützung – Via Twitter bin ich live mit vielen spannenden Menschen vernetzt und kann diese auch zur Problemlösung heranziehen, Tipps abfragen. Suche ich beispielsweise Informationen zu einem bestimmten Thema, stelle ich meine Frage dazu in Twitter und bekomme mit Sicherheit mindestens 3 verschiedene hilfreiche Antworten.

Cross-Media-Effekte – Meine Updates / Nachrichten / Tweets stehen über Programmierschnittstellen auch auf anderen Kanälen zur Verfügung.

 

Paul: Es gibt ja schon viele soziale Netzwerke wie MySpace oder Facebook. Ist Twitter einfach eine weitere Online-Plattform, die der Selbstinszenierung dient, oder wirklich eine ernst zu nehmende Informationsbörse?

Morrien: Ich sehe darin eher eine Plattform für Business-Relations, die privater daherkommt. Der Durchschnittstwitterer ist männlich und 32 Jahre alt. Für die Youngsters also kein Forum. Die sind eher bei StudiVZ und Facebook zuhause.

Twitter ist für mich auch mit MySpace oder Facebook nicht zu vergleichen. Man verlinkt sich zwar mit einzelnen Personen, aber nicht, um Businesskontakte auszugleichen, sondern um Informationen weiterzuleiten, zu geben und zu empfangen.

Ich bin nicht automatisch vernetzt, weil ich manchen Menschen folge, weil ich ihre Tweets spannend finde.

 

Paul: Wird Twitter nur von Privatpersonen genutzt oder entwickelt sich Twitter zum Medium der Unternehmenskommunikation?

Morrien: Twitter ist für mich vor allem ein KOMMUNIKATIONSmedium: Jeder Twitter-Beitrag erhält eine eigene URL und wird von den Suchmaschinen indiziert. Das ist vor allem unter PR-Gesichtspunkten interessant. So können Marken gezielt lanciert werden.

Auf jeden Fall ist Twitter eine Mischung aus persönlich und beruflich. Jede und jeder kann es für den Einsatz nutzen, den sie/er möchte. Es ist das, was ich selbst draus mache.

 

Paul: Twitter wird mittlerweile auch gerade von Journalisten oft als (ergänzendes) Recherchemedium eingesetzt. Inwiefern ist Twitter dafür geeignet, kann man den Quellen denn überhaupt trauen? (Wahrheitsgehalt, gefilterte Informationen …)

Morrien: Wer als Profi bei der Recherche auf einen Twitter-Hinweis stößt, kann sich schnell über das Umfeld einen Eindruck über die Seriosität des Angebotes verschaffen. Die Notlandung im Hudson River wurde getwittert – mit Foto. Aber das Foto hätte natürlich auch ein Fake sein können, eine Computersimulation. Ein gewisses Risiko ist gegeben, etwas zu verpassen oder aber einer Irreführung aufzusitzen.

 

Paul: Twitter zeichnet sich ja besonders durch die Schnelligkeit der Übertragung von Informationen aus (siehe Flugzeugunglück Hudson River). Kann Twitter wirklich mit den klassischen Medien konkurrieren?

Morrien: Es kann die klassischen Medien ergänzen. Die short message kann News teasern, die dann in anderen Medien vertieft behandelt werden müssen, etwa in Blogs oder Online-Magazinen.

Paul: Was glauben Sie persönlich, wie wird sich Twitter in der Zukunft entwickeln? Wird man in ein paar Jahren ohne Twitter gar nicht mehr auskommen können?

Morrien: Twitter wird seinen Platz neben anderen Social Media einnehmen. Für Kommunikationsprofis eine seriöse Spielwiese, unerlässlich.

 

Erstveröffentlichung des Leitfadens: September 2009 im Coaching-Blogger

 

 

2 Gedanken zu “Coaching twittern. Birgitt Morrien im WDR-Interview

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