„Weil ich in mir selbst lesen gelernt hatte, bemerkte ich, dass ich auch in den anderen lesen konnte. Dabei war mir oft tatsächlich zumute, als tastete ich mit empfindsamen Fingerspitzen zu den Konturen dieser Zeit entlang.
Wie kommt es nur, dass ein mit Stacheldraht umzäuntes Heidegelände, in dem so viele Schicksale, so viel menschliches Leid an- und hindurchgespült wurden, in meiner Erinnerung beinahe lieblich erscheint? Wie kommt es, dass mein Geist dort nicht düster, sondern vielmehr hell und erleuchtet wurde?
Hier an diesem Schreibtisch zwischen meinen Schriftstellern und Dichtern und Blumen habe ich das Leben so sehr geliebt. Und dort, in den Baracken voll aufgeregter und verfolgter Menschen habe ich die Bestätigung für meine Liebe zum Leben gefunden.“
Etty Hillesum
Het verstoorde Leven, Dagboek van Etty Hillesum 1941–1943.
Deutsche Ausgabe: Das denkende Herz der Baracke. Die Tagebücher von Etty Hillesum 1941–1943.
Zitiert nach: Der Jüdische Kalender. Fünftausendsiebenhundertfünfundsiebzig 2014–2015. Ölbaum Verlag, Augsburg 2014. Eintrag für den 17. Januar 2015
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