Die wirtschaftliche Leistung allein der US-Frauen wäre groß genug, um den G7 beizutreten. Umso unverständlicher bleibt, dass Frauen zwar die Hälfte der Menschheit stellen, die Hälfte der nationalen Einkommen und der Nahrungsmittelversorgung erwirtschaften, ihnen aber dennoch von Ökonomen und Politikern nur eine Nebenrolle eingeräumt wird.
Zwar sind Frauen erst seit 1945 um Studium der Ökonomie zugelassen, zogen aber schon 1990 mit den Leistung der Männer gleich. Der lukrativste aller Märkte, der weltweite Finanzhandel, wird allerdings unverändert zu unglaublichen 99 Prozent nach wie vor von Männern kontrolliert. Geschlechterbasierte Hindernisse erschweren Frauen massiv den Markteintritt.
Dem IWF zufolge wäre ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis im Welthandel vorteilhaft: Diversität schützt Volkswirtschaften nachweislich besser gegen Konjunkturflauten und stärkt ihre Innovationskraft. Da geht noch was: Aber vergessen wir nicht, dass Frauen erst seit 1970 überhaupt ein eigenes Bankkonto führen dürfen. Und in Entwicklungsländern kämpfen Frauen heute um dieselben Rechte.
Ich bin und bleibe zuversichtlich: Wir werden sehen, wo die Welt in 50 Jahren steht. Steht sie dann noch und sieht zudem gut aus, können wir davon ausgehen, dass Gleichberechtigung auch global Einzug gehalten hat. Dann wird es in jedem Land der Welt üblich sein, die Geschlechter für gleiche Arbeit gleich zu entlohnen.
2020 besagt die globale Daumenregel jedoch noch, dass eine Frau nur 65 Prozent Wert eines Mannes hat — unabhängig von der Berufsgruppe. Für jede Art von Arbeit in jeder Branche, jeder Tätigkeit und jedem Land wird Frauen weniger bezahlt als Männern.
Dabei wäre das Geld schon jetzt gut bei den Frauen aufgehoben. Nachweislich geben Männer als Gruppe oft Geld für eigene Luxusgüter aus, statt ihre Einnahmen mit ihren Familien zu teilen. Dabei sind ihnen sogar Alkohol, Tabak, Glücksspiel, Prosititution und Waffen wichtiger als die Ausbildung ihrer Kinder.
Laut einem Bericht des Global Market Institute von Goldman Sachs müssen die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) sowie die „Next 11“-Länder (Bangladesch, Ägypten, Indonesien, Iran, Mexiko, Nigeria, Pakistan, die Philippinen, die Türkei, Südkorea und Vietnam) die Gleichberechtigung der Geschlechter erreichen, um eine Mittelklasse auszubilden — die jede Marktwirtschaft für ihre Stabilität benötigt.
Frauen zu mehr wirtschaftlichem Einfluss zu verhelfen ist heute eine erprobte Strategie im Kampf gegen das Leid. „Studie um Studie hat uns gelehrt, dass es kein wirksameres Werkzeug gibt als die Ermächtigung der Frauen“, so Kofi Annan, ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen.
Die Ökonomie ist weltweit das am stärksten von Männern dominierte Fach an den Universitäten — noch mehr als naturwissenschaftliche und technische Fächer, Ingenieurwissenschaften und Mathematik. 48 Prozent der Professorinnen für Ökonomie berichten, im Beruf aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert worden zu sein. Es herrscht eine allgemeine Atmosphäre des Mobbings.
2018 gestand die American Economic Association ein, die Frauenfeindlichkeit in ihrer Disziplin führe zu „inakzeptablem Verhalten“ das fortbesteht, weil es schweigend hingenommen wird“.
Laut Lea Boustan, Ökonomin an der Universität Princeton, betrachten die Professoren ihrer Disziplin Kolleginnen als ihnen untergeordnete Schicht, deren Aufstieg innerhalb des Fachs ihren eigenen Status gefährde. Also schüchtern sie die Frauen ein, um sie zu vertreiben und das eigene Prestige zu wahren.
Die Presse wurde auf die Animosität männlicher Ökonomen gegenüber Frauen durch eine Studie* aufmerksam, die in schockierenden Einzelheiten aufzeigte, wie sich Wirtschaftswissenschaftler privat über Frauen äußern.
Die in Bezug auf eine Kollegin am häufigsten verwendeten waren heißer, lesbisch, Sexismus, Titten, anal, heiraten, Feminani, Nutte, heiß, Vagina, Brüste, schwanger, Schwangerschaft, süß, heiraten, Gebühr, wunderschön, geil, verliebt, schön, Sekretärin, abservier, einkaufen, Date, Nonprofit, Absichten, sexy, verabredet und Prostituierte.
In Verbindung mit Männern auftauchende Begriffe waren Mathematiker, Preisgestaltung, Berater, Lehrbuch, motiviert, Wharton, Ziele, Nobelpreis und Philosoph.
Wie ältere Wirtschaftswissenschaftler Jüngeren beibrächten, Frauen in Verruf zu bringen, davon künde diese Wörterliste, berichteten die Ökonominnen gegenüber der Presse.
*Quellen & weiterführende Literatur:
Diane Coyle: „Economics Has a Problem with Women“, Financial Times 28.Aug. 2017
Alice Wu: Gender Stereotyping in Academia: Evidence from Economics Job Market Rumors Forum (Harvard Publication)
Linda Scott: Das weibliche Kapital. München: Hanser 2020
Birgitt Morrien Hrsg.: Orientierungssicher auf dem Weg in eine unbekannte Zukunft. 50+ Coaching-Erfahrungsberichte, darunter zahlreiche Frauen-Case-Studies & Stories.