Wie es gelingt es, schöpferische Spannung zukunftsweisend zu nutzen, Sinn zu schaffen: Um Zukunft neu zu denken, braucht es mehr als die Kognition, so Senior Coach Birgitt Morrien im Video-Interview zum Thema “Die Zukunft von Coaching“ bei „Mensch Zukunft : Zukunft Mensch?“. Mit DreamGuidance integriert sie seit 25 Jahren das Wissen der Emotionen und Intuitionen. Ihre Idee des Mega-Eis am Dom versteht sie als Feeltank, der das Prinzip organischer Transformation (r)evolutionär inspiriert.
CUTOUT – Birgitt Morrien im Interview / 1. Teil : Das Mega-Ei am Dom
T r a n s k r i p t:
00:00–00:43
Morrien: Also was ich sehe, ist ganz klar ein großes Ei am Dom, dreißig Meter hoch, Kalksandstein. Mir geht es gerade um die Symbolik, und im letzten Jahr im November mitten in der Pandemie, also in dem totalen Stillstand, hatte ich diese Eingebung, dass es ein Ei geben könnte, eben am Dom, in dieser Größe.
Warum mir gerade jetzt dieses Bild noch mal kommt, hat damit zu tun, weil was ich glaube, ist, wir sind sehr festgefahren in einem bestimmten Konzept, einer bestimmten Vorstellung davon, wie Entwicklung gehen kann. Im Moment technologisch basiert …
00:42–00:43
Interviewer: Mhm.
00:43–00:59
Morrien: … und das Ei steht für die absolute Erneuerung – ist ein sehr archaisches Symbol – und das Ei neben einer Struktur [dem Dom], die gewachsen ist und aber auch alt, ’ne gewisse Behäbigkeit hat …
00:58–01:00
Interviewer: (lacht) Ja.
01:00–02:35
Morrien: … ’ne Starre. Und daneben dieses Ei, so entsteht eine schöpferische Spannung. Und diese schöpferische Spannung ist noch nicht ausgelotet. Es ist auch noch nicht klar: Was ist in dem Ei? Aber in dem Ei sehe ich zukünftige Lösungen. Vor allen Dingen interessant ist aber bei dem Ei die Art und Weise, wie diese neuen Lösungen entstehen. Sie entstehen eben nicht dadurch, dass wir in die Überkompensation gehen, dadurch, dass wir denken, es reicht ja alles nicht, was wir grade tun.
Das Tun haben wir jetzt in den letzten tausend Jahren vielleicht bis zur Grenze auch ausgelotet und haben damit die Kiste – mit Verlaub – gegen die Wand gefahren. Das heißt, offenbar braucht es vollkommen andere Denkweisen, Ansätze und – ich nenn das das Prinzip der organischen Transformation – also, dass wir organische Transformationsprozesse jetzt mitdenken dürfen, die jenseits des bisher Gedachten liegen, und das Ei kann da eine sehr schöne poetisch gewendete Form der Inspiration sein.
Und die Antwort darauf, wie jetzt dann Veränderung aussehen kann, weiß ich nicht, da machen wir jetzt einen Thinktank auf oder einen Feeltank. Weil das gehört ja auch dazu. Diese ganzen Logiken haben sich erschöpft, die rein kognitiv sind, rein ratiofokussiert und auch – ich sag’s jetzt mal in der Zuordnung, wie’s passiert ist über die tausenden Jahre – rein männlich fokussiert.
CUTOUT – Birgitt Morrien im Interview / 2. Teil : Innovation erfordert Demut
T r a n s k r i p t
00:00–00:48
Morrien: „Vor jedem steht ein Bild des, was er werden soll, solang er das nicht ist, ist nie sein Frieden voll.“ Das ist Angelus Silesius, zitiert nach Walter Nigg in „Glanz der Legende. Eine Aufforderung, die Einfalt wieder zu lieben“. Also um die Bereitschaft zu entwickeln, [innovativ zu wirken,] wirklich ständig weiterzugehen, braucht es ein gehöriges Maß an Demut.
Also wenn diese Bereitschaft, immer auch bei null anzufangen und sich als Niemand oder als nicht wissend und als nicht könnend zu erleben, muss ich mich ja, wenn es gut läuft, mit ’ner gewissen Art von Einfalt ins Benehmen setzen. Ja.
00:48–00:50
Interviewer: Einfalt verstanden als …?
00:50–00:58
Morrien: … als Bereitschaft, mich einer Situation, über die ich keine Kontrolle habe, hinzugeben.