Ein Mensch mit besonderer Ausstrahlung und ein wunderbarer Freund. Plötzlich und für seine Familie und Freund*innen unerwartet starb der Berliner Anwalt und Berater Martin Mensah-Fields*. Er war ein großer Unterstützer der ghanaischen Community. Mehr als 300 Menschen nahmen an seiner Beerdigung teil.
Meine Art Laudatio auf Martin Mensah-Fields
„Was für eine ausgezeichnete Idee“, sagte er, als ich ihn fragte, ob er Lust hätte, abends mit mir ins Hillary St. Blue zu gehen. In eine gut sortierte Bierkneipe in Brooklyn, wo wir damals geschäftlich waren. Leider gibt es diese Kneipe dort nicht mehr.
Ich erinnere mich noch gut, wie wir dort bis spät in die Nacht saßen und fleißig die verschiedenen Sorten probierten. Es war köstlich und erhellend, wie wir unser beider Leben voreinander ausbreiteten, natürlich nur stückweise, aber immerhin. ….
In diesen Stunden erfuhr ich, dass uns eine besondere Berufung verband. Martin war im Priesterseminar, das weiß ich seitdem, und wollte sich schon früh ganz in den Dienst Gottes stellen. Das sage ich hier einfach mal so. Und ja, ich als Mädchen wollte das auch.
Aber im Gegensatz zu Martin habe ich es umständehalber nicht ins Priesterseminar geschafft. Nicht einmal Ministrantin durfte ich werden. Aber das ist eine andere Geschichte. Doch auch er scheiterte an der Kirche, genauer am Zölibat: Er verliebte sich in Leslie …
Und als Mann mit Rückgrat war das keine Liebe, die er vor der Welt verbergen wollte. Wenn Kinder, das war klar, dann gewollt und offiziell als stolzer Vater für alle sichtbar. Also trat er aus der Kirche aus und gründete mit Leslie eine Familie.
Damit hat die Kirche einen engagierten Seelsorger, Manager und Missionar verloren. Doch war seine Berufung zum Dienen nicht an eine Karriere als Pfarrer oder gar Bischof gebunden. Wer hätte ihm verbieten können, seiner Familie zu dienen?
Wer hätte ihn daran hindern können, über viele Jahre hinweg Brücken zwischen den Kulturen zu bauen? Wer hätte ihn daran hindern können, Menschen, die wie er mutig den Schritt in eine neue Welt gewagt haben, tatkräftig zu unterstützen? Ihnen zu helfen, ihren Weg in einer fremden, oft feindlichen Umgebung zu finden.
Doch um helfen zu können, brauchte es die wirtschaftliche Basis. Und bei allen akademischen und beruflichen Erfolgen gab es für Martin auch anspruchsvolle Herausforderungen, Durststrecken und Brüche zu überwinden. Und immer war da die Sorge, ob es ihm auch weiterhin gelingen würde, seinen Beitrag zu leisten. Immer war da die Frage: Bin ich gut genug?
Es wird uns zugemutet nach unserem Vermögen
Schon früh erkannte sein Vater sein Potenzial und übertrug ihm als jüngstem von zehn Kindern die Verantwortung für die Familie. Als dieser viel zu früh starb, wurde er als Jugendlicher in diese Aufgabe geworfen, die ihn sein Leben lang sehr forderte.
Die Last, die er ein Leben lang zu tragen hatte, war groß, immens!
Wer so gefordert wird und so viel zu tragen hat, wer so viel erreicht und so vielen Menschen hilft, der macht auch Fehler. Bei all seiner Kreativität, seiner vielsprachigen Eloquenz, seiner Intelligenz und Großzügigkeit … bei all seiner strahlenden Präsenz, seinem unnachahmlich vibrierenden und vitalisierenden Lachen, bei all seiner Vernetzungsgabe und inspirierenden Kraft …
Bei all dem konnte er manchmal stur wie ein alter Esel sein. Einfach ignorieren, was ihm nicht passte, und weiter marschieren. Eine Haltung, mit der er einerseits die widrigsten Umstände überlebte und trotz zahlloser Widerstände erfolgreich seinen Weg ging.
Andererseits war diese Haltung aber auch dort hinderlich, wo es ihm schwer fiel, zu verzeihen, wenn er um Vergebung für ein vielleicht auch unbeabsichtigt verletzendes Verhalten gebeten wurde.
Er hatte auch eine klare Vorstellung davon, was für seine vier Kinder gut war. Sich davon abweichend entwickeln und verwirklichen zu wollen, bedeutet, mit dem tiefen Schmerz der väterlichen Ablehnung zu leben.
Aber wer einem Menschen wie Martin konsequent folgt, kann nur seinen eigenen Weg gehen. Wer das tut, wird eine tief empfundene Wahrheit höher bewerten als den zu erwartenden Verlust der väterlichen Zustimmung.
So hat er es vorgelebt, indem er z.B. seiner zutiefst menschlichen Liebe zu Leslie folgte und dafür den schmerzlichen Verlust seiner geistlichen Heimat in diesem kirchlichen Rahmen in Kauf nahm.
Es wird uns zugemutet nach unserem Vermögen
Aber wer entscheidet das?
Da fällt mir wieder der Esel ein. Was hat es damit auf sich?
Ist nicht Jesus selbst der Überlieferung nach auf einem Esel in Jerusalem eingezogen? Braucht es also den Esel und nicht das Ross für den Königsweg?
Ein Ross lässt sich lenken. Wer sich aber dem Weg des Esels anvertraut, braucht vor allem Demut und Hingabe. Es ist der Weg jenseits unserer Kontrolle. Der Esel trägt uns dorthin, wohin wir vielleicht nicht wollen, aber vielleicht müssen.
Es kann sein, dass ein Mensch auf diesem Weg erst 39 Jahre alt ist, wenn er stirbt. Wie ein anderer Martin, dessen neue Biographie ich gerade lese: Martin Luther King, eine Ikone des Widerstands, aber auch ein Mensch mit ebenso viel Mut wie Widersprüchen und Ängsten. Das bringt ihn mir noch näher, macht ihn für mich noch lebendiger, noch wunderbarer.
Martin Mensah-Fields zeigte seine Narben nicht, schreibt Leslies Bruder über seinen Schwager. Für ihn war Martin jemand, in dessen Gegenwart er sich zutiefst lebendig fühlte. Dieses Charisma bleibt!
*Martin Mensah-Fields (*1967 in Ghana / +2024 in Berlin). Name des Verstorbenen geändert.
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