Befreiungsliteratur lesen, Baerbock-Bashing stoppen, Bewusstsein erweitern

A rose is a rose is a rose (Gertrude Stein)

Birgitt E. Morrien

Literatur

Der Hass auf Annalena Baerbock lehrt uns, was wir über die Karriere von Frauen wissen müssen

Im Rennen um die Kanzler*innenschaft wird es Annalena Baerbock schwerer gemacht als den Männern. Die Spitzenkandidatin der Grünen trifft auf Hass und Häme. Sexualisierte Gewalt- und Morddrohungen kursieren massenhaft in den sozialen Medien. Diese Art Angriff trifft jede Frau, die sich traut nach der Macht zu greifen. Auch seriöse Zeitungen machen mit. Beim Thema Baerbock hätten die Männer „Schaum vor dem Mund“ und wollten „endlich mal wieder eine Frau scheitern sehen, die sich wagt, was zu wollen“, so Ex-SPD Vorsitzender Sigmar Gabriel. (Deutschlandfunk: “Annalena hat es schwerer” Politisches Feuilleton | 23.08.2021)

Das Phänomen hat einen Namen: Sexismus. Wenn der führende Coaching-Verband DBVC mich einlädt, einen Vortrag über zentrale Themen meiner Arbeit zu halten, berücksichtige ich auch aktuelle Literatur zu Sexismus / Rassismus / Klassismus. Das gebietet mir meine Gesinnung: Als Demokratin und als Beratende liegen mir faire Entwicklungschancen aller meiner Klientinnen und Klienten sehr am Herzen. Um die Voraussetzungen dazu für Frauen wie Männer und LGBTIQ gleichermaßen zu schaffen, liegt noch ein Stück Bewusstseinsarbeit vor uns.

Befreiungsliteratur der hier gelisteten Art stünde mit Sicherheit auch in der Bibliothek* meiner Vorfahrin Johanna Morrien in der Ritterburg Nordkirchen. Ihre Sammlung enthielt religionskritische Titel, etwa von Ulrich von Hutten, aber auch Lehrbücher zu Astronomie und Mathematik. Die überlieferte Inventarliste gibt Aufschluss über ihre vielseitigen Interessen, denen Johanna nachging. Höchst ungewöhnlich für eine Adelige des 16. Jahrhunderts, waren doch Frauen schon Jahrhunderte zuvor konsequent von allen Bildungsinstitutionen ausgeschlossen worden.

Ein Teil der folgenden Literaturliste setzt sich aus „Fundsachen“ zusammen. Übers Jahr habe ich hier und da spannende Bücher in Händen gehalten, von gut sortierten Buchhandlungen ins Sortiment aufgenommen. Ferner auch Rezensionen gelesen, von engagierten Redaktionen berücksichtigt.

 

*Schutius, Hildegard: In diesem Kemmerken etzliche Boicher fürhanden … Die Bibliothek der Familie von Morrien, im Besonderen der Buchbesitz der Frau Johanna. Beitrag in: Geschichtsblätter des Kreises Steinfurt. 22. Jahrgang 1997. Hrsg.: Kreisheimatverein Coesfeld e.V.

 

 

 

Aktuelle Befreiungsliteratur und drei Filme:

Adichie, Chimamanda Ngozi: Liebe Ijeawele … Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden, Frankfurt: S. Fischer 2017.
https://www.fischerverlage.de/buch/chimamanda-ngozi-adichie-liebe-ijeawele-9783596299683

Mit fünfzehn Vorschlägen für eine feministische Erziehung wirft die Bestseller-Autorin Chimamanda Ngozi Adichie so einfache wie wichtige Fragen auf und spannt den Bogen zwischen zwei Generationen von Frauen.

Chimamanda Ngozi Adichie, Feministin und Autorin des preisgekrönten Weltbestsellers „Americanah“, hat einen Brief an ihre Freundin Ijeawele geschrieben, die gerade ein Mädchen zur Welt gebracht hat. Ijeawele möchte ihre Tochter zu einer selbstbestimmten Frau erziehen, frei von überholten Rollenbildern und Vorurteilen. Alles selbstverständlich, aber wie gelingt das konkret?

Mit ihrem Manifest „Liebe Ijeawele. Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden“ zeigt Chimamanda Adichie, dass Feminismus kein Reizwort ist, sondern eine Selbstverständlichkeit. Mit fünfzehn simplen Vorschlägen für eine feministische Erziehung öffnet sie auch den Blick auf die eigene Kindheit und Jugend. Die junge nigerianische Bestseller-Autorin steht für einen Feminismus, mit dem sich alle identifizieren können. Ein Buch für Eltern und Töchter. We should all be feminists!

Chimamanda Ngozi Adichie ist eine der großen Stimmen der Weltliteratur. Ihr Werk wird in 37 Sprachen übertragen. Für „Americanah“ erhielt sie 2013 den Heartland Prize for Fiction und den National Book Critics Circle Award. Ihr Roman „Blauer Hibiskus“ war für den Booker Prize nominiert, „Die Hälfte der Sonne“ erhielt den Orange Prize for Fiction 2007. Mit ihrem TED-Talk „We should all be Feminists“ verankerte die Nigerianerin den Feminismus fest in der Popkultur. Auf Deutsch liegt der Text im FISCHER Taschenbuch vor: „Mehr Feminismus! Ein Manifest und vier Stories“. Zuletzt erschien 2017 im FISCHER Taschenbuch „Liebe Ijeawele. Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden“. 2018 wurde Chimamanda Ngozi Adichie mit dem PEN Pinter Prize und dem Everett M. Rogers Award ausgezeichnet. 2019 wurde ihr der Kasseler Bürgerpreis „Das Glas der Vernunft“ verliehen. 2020 erhielt sie den Internationalen Hermann-Hesse-Preis für „Blauer Hibiskus“. Chimamanda Ngozi Adichie wurde 1977 in Nigeria geboren und lebt heute in Lagos und in den USA.

 

Ahmed, Sarah: Queer Phenomenology. Orientations, Objects, Others, Duke University Press, Durham 2006.
https://www.dukeupress.edu/queer-phenomenology

,,In this groundbreaking work, Sara Ahmed demonstrates how queer studies can put phenomenology to productive use. Focusing on the “orientation” aspect of “sexual orientation” and the “orient” in “orientalism,” Ahmed examines what it means for bodies to be situated in space and time. Bodies take shape as they move through the world directing themselves toward or away from objects and others. Being “orientated” means feeling at home, knowing where one stands, or having certain objects within reach. Orientations affect what is proximate to the body or what can be reached. A queer phenomenology, Ahmed contends, reveals how social relations are arranged spatially, how queerness disrupts and reorders these relations by not following the accepted paths, and how a politics of disorientation puts other objects within reach, those that might, at first glance, seem awry.

Ahmed proposes that a queer phenomenology might investigate not only how the concept of orientation is informed by phenomenology but also the orientation of phenomenology itself. Thus she reflects on the significance of the objects that appear—and those that do not—as signs of orientation in classic phenomenological texts such as Husserl’s Ideas. In developing a queer model of orientations, she combines readings of phenomenological texts—by Husserl, Heidegger, Merleau-Ponty, and Fanon—with insights drawn from queer studies, feminist theory, critical race theory, Marxism, and psychoanalysis. Queer Phenomenology points queer theory in bold new directions.‘‘

 

Alderman, Naomi: Die Gabe. Wenn Ohnmacht zur Macht wird – die Zukunft gehört den Frauen, Roman, München: Heyne 2021.
https://www.penguinrandomhouse.de/Taschenbuch/Die-Gabe/Naomi-Alderman/Heyne/e576850.rhd

Was wäre, wenn Frauen Männern körperlich überlegen wären – weil sie Stromstöße verteilen können? Naomi Aldermans Roman „Die Gabe“ entwirft eine düstere Zukunftsvision.

In den USA ist „Die Gabe“ kurz vor Beginn der „Me too“-Debatte erschienen. Barack Obama setzte den Roman auf die Liste seiner Bücher des Jahres, die New York Times tat es ihm gleich.

Von einem Tag auf den anderen entdecken Frauen auf dem ganzen Planeten, dass sie „die Gabe“ in sich tragen. Durch bloße Berührung können sie anderen Menschen schreckliche Schmerzen zufügen und sie sogar töten. Von einem Tag auf den anderen werden die Männer zum schwachen Geschlecht. Doch ist eine von Frauen beherrschte Welt auch eine bessere Welt?

Dazu Margaret Atwood: „Männer haben Angst, dass Frauen über sie lachen. Frauen haben Angst, dass Männer sie umbringen.“

Beitrag zum Buch im Deutschlandfunk: Das Patriarchat hat ausgedient (27.03.2018)
https://www.deutschlandfunkkultur.de/naomi-alderman-die-gabe-das-patriarchat-hat-ausgedient.950.de.html?dram:article_id=414022

 

Allmendiger, Jutta: Es geht nur gemeinsam, Berlin: Ullstein 2021.
https://www.ullstein-buchverlage.de/nc/buch/details/es-geht-nur-gemeinsam-9783548064529.html

Wie wir endlich Geschlechtergerechtigkeit erreichen

In dieser Streitschrift zeigt Jutta Allmendinger, was sich endlich ändern muss, damit wir echte Gleichberechtigung herstellen. Ihr Buch ist ein Fahrplan in die Zukunft, in der Geschlechtergerechtigkeit keine Forderung mehr ist, sondern ein Fakt.

Die Soziologin Jutta Allmendinger ist mit ihrer Geduld am Ende. Seit über drei Jahrzehnten untersucht sie, wie Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern erreicht werden kann, und ihr ernüchterndes Fazit lautet: Wir bewegen uns rückwärts in die Zukunft. Corona hat die wahren gesellschaftlichen Verhältnisse wie unter einem Brennglas hervortreten lassen: Männer arbeiten, Frauen arbeiten auch – und versorgen die Kinder. Männer verdienen, Frauen verdienen auch – aber bloß etwas dazu. Teilzeit und Elternzeit sind fast immer noch Frauensache, Führungspositionen und hohe Gehälter Männersache.

„Die Soziologin Jutta Allmendinger – keiner kennt uns so gut wie sie.“ Deutschlandfunk

 

Anderson, Laurie Halse: Sprich, München: dtv 2020.
https://www.dtv.de/buch/laurie-halse-anderson-sprich-62710/

Finde deine eigene Stimme wieder, so schwer es dir fällt. Wehr dich! Sprich! Es wird sich lohnen.

Es ist Melindas erstes Highschool-Jahr, darauf hatte sie sich gefreut. Doch jetzt ist alles wie ein böser Traum: Von ihrer Freundin wird sie geschnitten, die neuen Mitschüler reagieren abweisend. Melinda gilt als Zicke, seit sie auf jener Party die Polizei gerufen hat, aber nicht sagen wollte, warum. Sprechen kann und will sie nicht darüber. Es dauert ein Jahr, ein ganzes Schuljahr, bis Melinda ihre Sprache wiederfindet – und mit ihr die Kraft, sich zu wehren.

Laurie Halse Anderson, geboren in Potsdam, New York, studierte Sprachen und Sprachwissenschaft. Sie war eine erfolgreiche Journalistin, bevor sie beschloss, halbtags als Buchhändlerin zu arbeiten, um genügend Zeit fürs literarische Schreiben zu haben. Ihr Roman „Sprich“ wurde in den USA mit zehn verschiedenen Preisen ausgezeichnet.

 

Apraku, Josephine; Hong, Le: Wie erkläre ich Kindern Rassismus? Rassismussensible Begleitung und Empowerment von klein auf, familiar faces, Berlin 2021.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von familiarfaces.de zu laden.

Inhalt laden

,,Rassismus ist strukturell und prägt alle Kinder von klein auf. Dieses Buch bietet Eltern, Pädagog*innen und Interessierten eine Basis, um Kinder antirassistisch zu begleiten. Es führt durch die verschiedenen Altersstufen vom Kleinkindalter bis zur Pubertät und hält grundlegende Informationen und viele praktische Tipps sowie ein Glossar der wichtigsten Begrifflichkeiten bereit. Josephine Apraku zeigt auf, was es braucht, um BIPoC-Kinder zu empowern und weiße Kinder zu sensibilisieren und wie wir gemeinsam solidarisch gegen Rassismus vorgehen können. Beiträge diverser BIPoC Autor*innen zu den verschiedenen Formen von Rassismus und Kurzinterviews mit Expert*innen vermitteln konkrete Zugänge und aktuelle Impulse. Anschaulich illustriert von Le Hong.‘‘

 

Arndt, Susan: Sexismus. Geschichte einer Unterdrückung, München: C.H. Beck 2020.
https://www.chbeck.de/arndt-sexismus/product/31054442

Geschichte einer Unterdrückung

Zwar ist Sexismus spätestens seit #Aufschrei und #MeToo wieder in aller Munde. Doch meist wird bloß hitzig aneinander vorbei diskutiert statt auf der Grundlage von Wissen zu argumentieren. Susan Arndt versteht Sexismus als umfassendes Denk- und Herrschaftssystem. In ihrem grundlegenden Buch beschreibt sie sowohl seine Geschichte als auch, wie er sich bis heute äußert. Denn nur, wenn verstanden wird, was Sexismus eigentlich alles ist, kann er erkannt, verlernt und strukturell nachhaltig unterwandert werden – und koste es auch, Gewohntes und Privilegien aufzugeben.

Nicht wenige übersehen alltäglichen Sexismus oder leugnen ihn; und wird er kritisiert, stößt das auf Widerstand und Vorwürfe, zu moralisch oder politisch korrekt zu sein. Viele ziehen es inzwischen vor, sich gar nicht mehr zu äußern. Es gibt aber keine neutrale Position gegenüber Sexismus. Denn Sexismus ist ein umfassendes Denk- und Herrschaftssystem, das sich in die DNA unserer Gesellschaft eingeschrieben hat. Susan Arndt identifiziert als seinen Kern das Postulat der binären Zweigeschlechtlichkeit. Es ermöglicht patriarchalische Herrschaft und legt die Grundlagen für die Diskriminierung von Frauen* sowie von homosexuellen, inter*sexuellen und trans*-geschlechtlichen Personen. Auch Männer* werden durch Sexismus als Individuen normiert und können dabei gebrochen werden. Das Buch zeigt diese systemischen Zusammenhänge von Sexismus als Machtsystem und Wissensarchiv auf, analysiert, warum er so mächtig werden konnte, und beschreibt seine aktuellen Facetten. Dabei erzählt es auch von Alternativen und Gegenstrategien.

 

Arndt, Susan; Ofuatey-Alazard Nadja: Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, 4. Auflage, UNRAST e.V., München 2021.
https://www.unrast-verlag.de/gesamtprogramm/allgemeines-programm/antirassismus/wie-rassismus-aus-woertern-spricht-340-detail

»Wenn ich nur 30 Bücher besitzen dürfte, wäre dieses eines davon.« – Ralf-Erik Posselt, Gewalt Akademie Villigst / SOS-Rassismus-NRW

Das erkenntnisleitende Ziel von Wie Rassismus aus Wörtern spricht besteht darin, herauszuarbeiten, wie weiße Europäer*innen kolonialistisches und rassistisches Denken erschaffen und es in Wissensarchiven und ihren Begriffen konserviert haben, durch welche es bis heute wirkmächtig ist. Folgerichtig werden hier Kernbegriffe des weißen westlichen Wissenssystems diskutiert, um das Zusammenwirken von Rassismus, Wissen und Macht aufzuarbeiten.
Diese Ausführungen werden grundiert durch theoretische Erörterungen zu Kolonialismus und Rassismus und ergänzt durch alternative widerständige Benennungswege.
Es geht dabei nicht um eine administrativ betriebene oder geforderte staatliche Sprachpolitik, sondern um die analytische Offenlegung dessen, was ›unsere‹ Sprache an Tradierungen enthält, was sie beinhaltet und somit reproduziert – und dabei durch Verleugnungsstrategien schützt. Die gesellschaftspolitische Hoffnung besteht darin, durch die sprachliche Bewusstmachung auch Bewusstsein und dann die Sprachpraxis zu ändern.

Artus, Ingrid; Bennewitz, Nadja; Henninger, Annette; Holland, Judith; Kerber-Clasen, Stefan (Hg.): Arbeitskonflikte sind Geschlechterkämpfe. Sozialwissenschaftliche und historische Perspektiven, Münster 2020.
https://www.dampfboot-verlag.de/shop/artikel/arbeitskonflikte-sind-geschlechterkaempfe

“nicht nur für ein akademisches Publikum von Interesse” Anna Steenblock in: Gender 1/2022

Erwerbsarbeit ist aktuell wie historisch von Macht- und Herrschaftsverhältnissen geprägt und daher häufig konflikthaft. Arbeitskonflikte sind dabei stets auch Geschlechterkonflikte.

Frauen waren an Arbeitskämpfen häufig aktiv beteiligt, wie der Überblick über Frauenstreiks seit Beginn der Arbeiterbewegung zeigt. Sie kämpften gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung wie auch gegen die Missachtung ihrer Anliegen in männerdominierten Organisationen und entwickelten innovative politische wie juristische Strategien, um ihren Anliegen Gehör zu verschaffen. Interessenaushandlungen in feminisierten Dienstleistungsbereichen haben spezielle Logiken, aber auch in männerdominierten Tätigkeitsfeldern haben Arbeitskonflikte eine Geschlechterdimension. Anhand historischer und aktueller Beispiele werden ausgewählte Konflikte aus Geschlechterperspektive analysiert. Zielgruppe des Buches sind Forschende wie Praktiker*innen, die ihre Erfahrungen mit den Geschlechterdimensionen von Arbeitskonflikten reflektieren oder sich über die Geschichte von Frauenstreiks informieren wollen.

 

Ayim, May; Oguntoye, Katharina, Schultz, Dagmar (Hg.): Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte, 2. Auflage, Orlanda Frauenverlag, Berlin 2020.
https://www.fembooks.de/Katharina-Oguntoye-May-Ayim-Dagmar-Schultz-Hrsg-Farbe-bekennen-Afro-deutsche-Frauen-auf-den-Spuren-ihrer-Geschichte

“Sie sprechen aber gut deutsch”, sagt man zu ihnen. “Woher kommen Sie denn?” fragt man sie. Und tröstet sie schließlich mit den Worten: “So schwarz sind Sie ja gar nicht.” Alltäglicher Rassismus, dem sie ausgesetzt sind: Die afro-deutschen Frauen, die hier zu Wort kommen, fühlen sich oft fremd in ihrem eigenen Land. Sie sind hier geboren und aufgewachsen, als Kind schwarzer Väter und weißer Mütter. Sie wurden als “Mischlinge” bezeichnet oder als “Besatzungskinder”, heute nennt man sie oft “Farbige”. Sie sind Deutsche und werden doch wie Fremde behandelt, ausgegrenzt, “bestenfalls” als exotisch angesehen.

Mit ihrem Buch versuchen die Autorinnen, sich auf die Suche nach ihrer Geschichte zu begeben, gesellschaftliche Zusammenhänge von Rassismus offenzulegen und auf ihre besondere Situation aufmerksam zu machen. Eine Situation, die sich derzeit, im Zeichen zunehmend rassistischer Übergriffe und des Ausländerhasses, verschärft hat.

Jeannine Kantara empfiehlt »Farbe bekennen« in der Auswahl »Achtzehn Bücher, mit denen man die Welt besser versteht«.
Erstmals erzählten hier Schwarze Frauen verschiedener Generationen über ihr Leben in Deutschland und über Rassismus. Auch 35 Jahre nach seinem Erscheinen hat »Farbe bekennen« nichts von seiner Aktualität verloren – schon damals thematisierten die Autorinnen beispielsweise den deutschen Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia oder Rassismus in Kinder- und Jugendbüchern.
Die Zeit, 7.7.2021

 

Backes, Laura / Bettoni, Margherita: Alle drei Tage. Warum Männer Frauen töten und was wir dagegen tun müssen, München: DVA 2021.
https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Alle-drei-Tage/Laura-Backes/DVA-Sachbuch/e584197.rhd

Weit über 100 getötete Frauen allein in Deutschland pro Jahr: Morde, über die niemand spricht

Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann, seine Frau umzubringen. Alle 3 Tage wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Hinzu kommen die Morde an Frauen durch ihnen unbekannte Täter. Diese Verbrechen sind keine Ehrenmorde oder Beziehungstaten, sondern Femizide: Morde, die an Frauen verübt werden, weil sie Frauen sind.

Laura Backes und Margherita Bettoni zeigen in diesem aufrüttelnden Buch, dass die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts auch bei uns ein ernsthaftes gesamtgesellschaftliches Problem ist. Als Familientragödien verharmlost, bleiben viele Frauenmorde verborgen und verdecken die patriarchalen Macht- und Gewaltmuster, die sich tief durch unsere Gesellschaft ziehen. Die beiden Journalistinnen haben mit Überlebenden gesprochen, Experten befragt, die Motive männlicher Gewalttäter untersucht und ihre grausamen Taten hier rekonstruiert. Ihre schockierende Analyse zeigt, dass Femizide uns alle angehen und warum wir jetzt handeln müssen.

“Gewalt beginnt nicht mit dem ersten Schlag”. Jeden Tag fürchten Hunderte Frauen in der Partnerschaft um ihr Leben. Ursachen dafür sind eine falsch verstandene Männlichkeit, Schwächen der deutschen Justiz und eine Gesellschaft, die wegschaut. “Es wird oft gefragt, warum sich die Frau nicht trennt, aber seltener, warum der Mann nicht mit der Gewalt aufhört.” Rechtsanwältin Asha Hedayati und Psychologe Gerhard Hafner informieren in einem FR-Gespräch zum Thema über empathielose Männer, Vorwürfe gegen Opfer – und warum das Thema Partnerschaftsgewalt schon an den Schulen behandelt werden sollte.

Denn allein in 2019 wurden 301 Frauen in Deutschland von ihrem Partner getötet. Das geht aus dem Bericht des Bundeskriminalamtes hervor. Insgesamt wurden 114903 Frauen Opfer sexueller Nötigung oder Bedrohung durch Männer.  (Interview: Viktor Funk / Frankfurter Rundschau 02.02.2021)

„Gewalt gegen Frauen und Femizide sind strukturell und können uns somit alle treffen. Das zeigt das Buch auf sehr eindrucksvolle Weise.“ Deutschlandfunk „Andruck“ (01.03.2021)

 

Becker, Franziska: Das Sein verstimmt das Bewusstsein, Aschaffenburg: Alibri 2021.
https://www.alibri-buecher.de/Buecher/Kulturkritik/Franziska-Becker-Das-Sein-verstimmt-das-Bewusstsein::711.html

Wer sich mit den Protagonistinnen der feministischen Bewegung in Deutschland beschäftigt, kommt an Franziska Becker nicht vorbei. Seit Jahrzehnten setzt die bekannte Cartoonistin den Kampf der Frauen um Emanzipation und Gleichberechtigung in Szene, überzieht Patriarchat und Sexismus in ihrer ganzen muffigen Bandbreite mit Häme und Spott und stellt bloß, in welch absurden Verhältnissen sich viele von uns gemütlich eingerichtet haben.
Bekannt wurde sie vor allem als Hauskarikaturistin der EMMA, in der sie gegen männlichen Größenwahn genauso anzeichnete wie gegen sexualisierte Gewalt im Tarnmantel der Liberalität, religiöse Geschlechter-Apartheid und autoritären Fundamentalismus, esoterische Überspanntheiten und kapitalistischen Selbstoptimierungswahn. Unter der großen Klammer „Emanzipation“ versammelt der Bildband alte und neue Zeichnungen und fragt, wie viel wir in Sachen Gleichberechtigung und Solidarität wirklich erreicht haben oder ob wir uns nicht gerade auch unter den Folgen von Identitätspolitik zurückentwickeln.

 

Campt, Tina M.: Image Matters. Archives Photography, and the African Diaspora in Europe, Duke University Press, Durham 2012.
https://www.dukeupress.edu/image-matters

In Image Matters, Tina M. Campt traces the emergence of a black European subject by examining how specific black European communities used family photography to create forms of identification and community. At the heart of Campt’s study are two photographic archives, one composed primarily of snapshots of black German families taken between 1900 and 1945, and the other assembled from studio portraits of West Indian migrants to Birmingham, England, taken between 1948 and 1960. Campt shows how these photographs conveyed profound aspirations to forms of national and cultural belonging.
In the process, she engages a host of contemporary issues, including the recoverability of non-stereotypical life stories of black people, especially in Europe, and their impact on our understanding of difference within diaspora; the relevance and theoretical approachability of domestic, vernacular photography; and the relationship between affect and photography. Campt places special emphasis on the tactile and sonic registers of family photographs, and she uses them to read the complexity of “race” in visual signs and to highlight the inseparability of gender and sexuality from any analysis of race and class. Image Matters is an extraordinary reflection on what vernacular photography enabled black Europeans to say about themselves and their communities.

 

Campt, Tina M.: Listening to Images, Duke University Press, Durham 2017.
https://www.dukeupress.edu/listening-to-images

In Listening to Images Tina M. Campt explores a way of listening closely to photography, engaging with lost archives of historically dismissed photographs of black subjects taken throughout the black diaspora. Engaging with photographs through sound, Campt looks beyond what one usually sees and attunes her senses to the other affective frequencies through which these photographs register. She hears in these photos—which range from late nineteenth-century ethnographic photographs of rural African women and photographs taken in an early twentieth-century Cape Town prison to postwar passport photographs in Birmingham, England and 1960s mug shots of the Freedom Riders—a quiet intensity and quotidian practices of refusal. Originally intended to dehumanize, police, and restrict their subjects, these photographs convey the softly buzzing tension of colonialism, the low hum of resistance and subversion, and the anticipation and performance of a future that has yet to happen. Engaging with discourses of fugitivity, black futurity, and black feminist theory, Campt takes these tools of colonialism and repurposes them, hearing and sharing their moments of refusal, rupture, and imagination.

 

Criado-Perez, Caroline: Unsichtbare Frauen. Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert, München: btb Verlag 2020. https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Unsichtbare-Frauen/Caroline-Criado-Perez/btb/e561586.rhd

Ein kraftvolles und provokantes Plädoyer für Veränderung!

Unsere Welt ist von Männern für Männer gemacht und tendiert dazu, die Hälfte der Bevölkerung zu ignorieren. Caroline Criado-Perez erklärt, wie dieses System funktioniert. Sie legt die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Erhebung wissenschaftlicher Daten offen. Die so entstandene Wissenslücke liegt der kontinuierlichen und systematischen Diskriminierung von Frauen zugrunde und erzeugt eine unsichtbare Verzerrung, die sich stark auf das Leben von Frauen auswirkt. Kraftvoll und provokant plädiert Criado-Perez für einen Wandel dieses Systems und lässt uns die Welt mit neuen Augen sehen.

„Es geht um vermeintlich banale Dinge, die jedoch Frauen auf der ganzen Welt benachteiligen: etwa das Fehlen von sicheren Herden in Küchen, der mangelnde Zugang zu Toiletten, die Temperatur in Büroräumen, die Erprobung von Medikamenten vorwiegend an Männern. Das Buch von Caroline Criado-Perez enthält viele Daten und ist gleichwohl ein Pageturner.“ Aus der Jurybegründung zum NDR Kultur Sachbuchpreis 2020 (17.11.2020)

 

Czollek, Max: Desintegriert euch! München 2018.
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/desintegriert-euch/978-3-446-26027-6/

Max Czolleks verblüffender Denkanstoß, der die Debatte um Integration und Zugehörigkeit verändert – ein wildes Zeugnis der jüdischen Szene
Max Czollek ist dreißig, jüdisch und wütend. Denn hierzulande herrschen seltsame Regeln: Ein guter Migrant ist, wer aufgeklärt über Frauenunterdrückung, Islamismus und Demokratiefähigkeit spricht. Ein guter Jude, wer stets zu Antisemitismus, Holocaust und Israel Auskunft gibt. Dieses Integrationstheater stabilisiert das Bild einer geläuterten Gesellschaft – während eine völkische Partei Erfolge feiert. Max Czolleks Streitschrift entwirft eine Strategie, das Theater zu beenden: Desintegration. Desintegriert euch! ist ein Schlachtruf der neuen jüdischen Szene und zugleich eine Attacke gegen die Vision einer alleinseligmachenden Leitkultur. Dieses furios streitbare Buch ist die Polemik der Stunde.

 

Czollek, Max: Gegenwartsbewältigung, München 2020.
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/gegenwartsbewaeltigung/978-3-446-26772-5/

Nach Max Czolleks Bestseller „Desintegriert euch!“ liefert er nun ein Manifest für die plurale Gesellschaft, das Antworten auf die politische Gegenwart gibt.

In Zeiten der Krise leiden Gesellschaft und Vielfalt. Für Max Czollek bieten staatstragende Konzepte wie „Leitkultur“ oder „Integration“ darauf keinerlei Antwort. Seit 2018 wird viel diskutiert über Max Czolleks Streitschrift „Desintegriert euch!“. Beschrieb sie den Status quo des deutschen Selbstverständnisses, entwirft Czollek nun das Modell für eine veränderte Gegenwart: Wie muss sich die Gesellschaft wandeln, damit Menschen gleichermaßen Solidarität erfahren? Welche liebgewonnenen Überzeugungen müssen wir alle dafür aufgeben? Wie kann in einer fragmentierten Welt die gemeinsame Verteidigung der pluralen Demokratie gelingen? Max Czollek trifft ins Herz des Jahres 2020 – diese Polemik ist sein Schrittmacher.

 

Davis, Angela Y.: Women, Race & Class, Penguin Modern Classics, 2017. https://www.buecher.de/shop/menschenrechte/women-race–class/davis-angela-y-/products_products/detail/prod_id/57879599/

Angela Y. Davis is a political activist, scholar, author, and speaker. She is an outspoken advocate for the oppressed and exploited, writing on Black liberation, prison abolition, the intersections of race, gender, and class, and international solidarity with Palestine. She is the author of several books, including Women, Race, and Class and Are Prisons Obsolete? She is the subject of the acclaimed documentary Free Angela and All Political Prisoners and is Distinguished Professor Emerita at the University of California, Santa Cruz.

 

Dorlin, Elsa: Selbstverteidigung. Eine Philosophie der Gewalt, Berlin: Suhrkamp/Insel 2020.
https://www.suhrkamp.de/buch/elsa-dorlin-selbstverteidigung-t-9783518587560

Nicht alle Leben zählen gleich! Sklaven oder Indigenen im Kolonialismus war streng untersagt, sich zu bewaffnen oder sich zu verteidigen, was Sklavenhaltern und Kolonialherren selbstverständlich gestattet war: Woher rührt diese historische Kluft zwischen „verteidigungswürdigen“ und wehrlosen Körpern, diese organisierte „Entwaffnung“ der Unterworfenen, die bei jedem Befreiungsstreben die Frage der Gewalt aufruft? Vom Sklavenwiderstand bis zum Jiu-Jitsu der Suffragetten, vom Aufstand im Warschauer Ghetto bis zu den Black Panthers und den Queer-Patrouillen zeichnet Elsa Dorlin in ihrem preisgekrönten Buch eine Genealogie der politischen Selbstverteidigung nach.

Hinter der offiziellen Geschichte der Selbstverteidigung verbirgt sich eine „kriegerische Ethik des Selbst“, eine verschüttete Praxis, bei der die Verteidigung als Angriff die einzige Möglichkeit des eigenen Überlebens und einer politischen Zukunft markiert. Diese Geschichte der Gewalt wirft ein neues Licht auf die Definition der modernen Subjektivität und die zeitgenössische Sicherheitspolitik. Sie führt zu einer Neuinterpretation der politischen Philosophie, bei der Hobbes und Locke mit Frantz Fanon, Michel Foucault, Malcolm X, June Jordan oder Judith Butler in ein faszinierendes Streitgespräch geraten.

 

Dröscher, Daniela: Zeige deine Klasse. Die Geschichte meiner sozialen Herkunft., Hamburg: Hoffmann und Campe 2018.
https://hoffmann-und-campe.de/products/878-zeige-deine-klasse

Daniela Dröscher verfasst ein einzigartiges Porträt über soziale Herkunft, das überraschende Antworten gibt: auf Grundprobleme politischen Engagements, das Auseinanderdriften verschiedener Milieus, öffentliche Wahrnehmung und auf die Frage, warum Klasse mit so viel Scham besetzt ist.

„Zeige deine Klasse“ beleuchtet die politischen Verhältnisse Deutschlands aus einer radikal subjektiven Perspektive. Als Instrument dient der Autorin dabei der eigentlich längst ausgediente Begriff der Klasse. Denn der Begriff hilft ihr, die Unterschiede herauszuarbeiten, die Herkunft letztlich bedeutet, hilft ihr, zu ergründen, warum sich das Wir-Gefühl verloren hat. Immer wieder nimmt Dröscher dabei gerade jene Macht- und Ohnmachtsverhältnisse in den Blick, die kein Wohlstand aufzulösen vermag. Ein Buch, wie wir es seit Didier Eribons „Rückkehr nach Reims“ über Deutschland ersehnt haben.

 

Ebner, Julia: Radikalisierungsmaschinen. Wie Extremisten die neuen Technologien nutzen und uns manipulieren, Berlin: Suhrkamp 2021.
https://www.suhrkamp.de/buch/julia-ebner-radikalisierungsmaschinen-t-9783518471333

Julia Ebner verfolgt hauptberuflich Extremisten. Undercover mischt sie sich unter Hacker, Terroristen, Trolle, Fundamentalisten und Verschwörer, sie kennt die Szenen von innen, von der Alt-Right-Bewegung bis zum Islamischen Staat, online wie offline. Ihr Buch macht Radikalisierung fassbar, es ist Erfahrungsbericht, Analyse, unmissverständlicher Weckruf.
Als Extremismusforscherin stellen sich ihr folgende Fragen: Wie rekrutieren, wie mobilisieren Extremisten ihre Anhänger? Was ist ihre Vision der Zukunft? Mit welchen Mitteln wollen sie diese Vision erreichen? Um Antworten zu finden, schleust sich Julia Ebner ein in zwölf radikale Gruppierungen quer durch das ideologische Spektrum. Sozusagen von der anderen Seite beobachtet sie Planungen terroristischer Anschläge, Desinformationskampagnen, Einschüchterungsaktionen, Wahlmanipulationen. Sie erkennt, Radikalisierung folgt einem klaren Skript: Rekrutierung, Sozialisierung, Kommunikation, Mobilisierung, Angriff.

 

Eddo-Lodge, Reni: Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche, Stuttgart: Klett-Cotta 2019.
https://www.klett-cotta.de/buch/Tropen-Sachbuch/Warum_ich_nicht_laenger_mit_Weissen_ueber_Hautfarbe_spreche/112155

„Dieses Buch verlangte danach, geschrieben zu werden. Es ist die Art von Buch, die eine Zukunft einfordert, in der wir solche Bücher nicht mehr brauchen. Essenziell.“ Marlon James, Gewinner des Man Booker Prize 2015

Viel zu lange wurde Rassismus als reines Problem rechter Extremisten definiert. Doch die subtileren, nicht weniger gefährlichen Vorurteile finden sich dort, wo man am wenigsten mit ihnen rechnen würde – im Herzen der achtbaren Gesellschaft.

„Reni Eddo-Lodges Buch ist ein Geschenk, weil es klar und deutlich beschreibt, was struktureller Rassismus ist und warum Weiß-Sein in unseren Gesellschaften ein Privileg ist.“ Laura Freisberg, BR-Kulturwelt, 31.01.2019

Was bedeutet es, in einer Welt, in der Weißsein als die selbstverständliche Norm gilt, nicht weiß zu sein? Reni Eddo-Lodge spürt den historischen Wurzeln der Vorurteile nach und zeigt unmissverständlich, dass die Ungleichbehandlung Weißer und Nicht-Weißer unseren Systemen seit Generationen eingeschrieben ist.

Ob in Politik oder Popkultur – nicht nur in der europaweiten Angst vor Immigration, sondern auch in aufwogenden Protestwellen gegen eine schwarze Hermine oder einen dunkelhäutigen Stormtrooper wird klar: Diskriminierende Tendenzen werden nicht nur von offenen Rassisten, sondern auch von vermeintlich toleranten Menschen praktiziert. Um die Ungerechtigkeiten des strukturellen Rassismus herauszustellen und zu bekämpfen, müssen darum People of Color und Weiße gleichermaßen aktiv werden – „Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur uns“.

„Dieses Buch als weißer Mensch ohne Migrationshintergrund zu lesen ist wirklich kein Spaß, und trotzdem sollte man es unbedingt lesen, weil es den Blick auf die Gesellschaft, in der man lebt, irritiert. Außerdem irritiert es den Blick, den man auf sich selbst hat.“ Antonia Baum, Die Zeit

 

Emejulu, Akwugo: To Exist is to Resist. Black Feminism in Europe, Pluto Press, London 2019.
https://www.plutobooks.com/9780745339474/to-exist-is-to-resist/

This book brings together activists, artists and scholars of colour to show how Black feminism and Afrofeminism are being practiced in Europe today, exploring their differing social positions in various countries, and how they organise and mobilise to imagine a Black feminist Europe.

Deeply aware that they are constructed as ‘Others’ living in a racialised and hierarchical continent, the contibutors explore gender, class, sexuality and legal status to show that they are both invisible – presumed to be absent from and irrelevant to European societies – and hyper-visible – assumed to be passive and sexualised, angry and irrational.

Through imagining a future outside the neocolonial frames and practices of contemporary Europe, this book explores a variety of critical spaces including motherhood and the home, friendships and intimate relationships, activism and community, and literature, dance and film.

 

Endler, Rebekka: Das Patriarchat der Dinge. Warum die Welt Frauen nicht passt, Köln: DuMont 2021.
https://www.dumont-buchverlag.de/buch/endler-das-patriarchat-9783832170912/

Wie für Männer gemachtes Design unser Leben bestimmt

Unsere Umwelt wurde von Männern für Männer gestaltet. In „Das Patriarchat der Dinge“ öffnet Rebekka Endler uns die Augen für das am Mann ausgerichtete Design, das uns überall umgibt. Und sie zeigt, welche mitunter lebensgefährlichen Folgen es für Frauen hat. Unsere westliche Medizin ist beispielsweise – mit Ausnahme der Gynäkologie – auf den Mann geeicht: von Diagnoseverfahren und medizinischen Geräten bis hin zur Dosierung von Medikamenten. Aber auch die Dummys für Crashtests haben den männlichen Körper zum Vorbild – und damit das ganze Auto samt Airbags und Sicherheitsgurten. Der öffentliche Raum ist ebenso für Männer gemacht: Architektur, Infrastruktur und Transport, sogar die Anzahl öffentlicher Toiletten oder die Einstellung der Temperatur in Gebäuden.

Wer überlebt einen Herzinfarkt? Wer friert am Arbeitsplatz und für wen ist er gestaltet? Für wen sind technische Geräte leicht zu bedienen? Für wen ist das Internet? Das Patriarchat ist Urheber und Designer unserer Umwelt. Wenn wir uns das bewusst machen, erscheinen diese Fragen plötzlich in einem neuen Licht.

 

Federici, Silvia: Hexenjagd. Die Angst vor der Macht der Frauen, Münster 2019.
https://www.fembooks.de/Silvia-Federici-Hexenjagd-Die-Angst-vor-der-Macht-der-Frauen

Rezension von Astarte Posch auf kritisch-lesen.de:

Eine der einfachsten Methoden, sich unsichtbar zu machen, ist es, eine Frau über 50 zu sein, wie Hito Steyerl in ihrer Videoarbeit “How Not to Be Seen: A Fucking Didactic Educational .MOV File 2013” verrät. Der weibliche Körper, der nicht die Fähigkeit besitzt, Kinder auf die Welt bringen, ist nach der kapitalistischen Verwertungslogik zu nicht mehr viel zu gebrauchen. Der alten Frau in westlichen Gesellschaften bleiben noch die Rollenbilder der netten Großmutter, der charmanten alten Dame oder der verrückten Hexe. Letzteres Bild umgibt besonders die kinderlose, alleinstehende, alte Frau am Rande der Gesellschaft als Ausdruck historischer Stereotypisierung und Ausgrenzung.

Silvia Federici erinnert uns, dass die Figur der alten Hexe seit jeher ein Symbol des antikapitalistischen Widerstandes ist. Sie ist eine selbstbestimmte und unabhängige Person, die Weisheit und uraltes Wissen verkörpert, das im Zuge der Hexenverfolgung im 16. und 17. Jahrhundert in Europa vernichtet werden sollte. Die Hexe ist eine Figur des Dissens und der Nicht-Anpassung an gesellschaftliche Normen, die auch heute noch Zielscheibe von Verfolgungen ist, wie Silvia Federici in ihrer Essaysammlung “Hexenjagd – Die Angst vor der Macht der Frau” beschreibt:

Die Hexe war die Kommunistin und Terroristin ihrer Zeit, die man ‘zivilisieren’ musste […]. Auf den Scheiterhaufen wurden nicht nur die Körper der ‘Hexen’ vernichtet, sondern eine ganze Welt von sozialen Beziehungen, auf denen die gesellschaftliche Macht der Frau basierte, und ein riesiger Korpus der Weisheit, der über Generationen von Frauen, von Mutter zu Tochter weitergegeben worden war – das Wissen über Kräuterkunde, Verhütungs- und Abtreibungsmittel” (S. 50).

 

Flaßpöhler, Svenja: Sensibel. Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren, 3. Auflage, Stuttgart 2021.
https://www.klett-cotta.de/buch/Gesellschaft_/_Politik/Sensibel/144079

»Sensibilität ist eine zivilisatorische Errungenschaft. Im Kampf um Anerkennung unterdrückter Gruppen spielt sie eine wichtige Rolle. Aber sie kann auch vom Progressiven ins Regressive kippen. Über diese Dialektik müssen wir nachdenken, um die gesellschaftliche Polarisierung zu überwinden.« Svenja Flaßpöhler

Mehr denn je sind wir damit beschäftigt, das Limit des Zumutbaren neu zu justieren. Wo liegt die Grenze des Sagbaren? Ab wann ist eine Berührung eine Belästigung? Svenja Flaßpöhler tritt einen Schritt zurück und beleuchtet den Glutkern des Konflikts: die zunehmende Sensibilisierung des Selbst und der Gesellschaft.

Menschheitsgeschichtlich steht die Sensibilisierung für Fortschritt: Menschen schützen sich wechselseitig in ihrer Verletzlichkeit, werden empfänglicher für eigene und fremde Gefühle, lernen, sich in fremde Schicksale hineinzuversetzen und mit anderen zu solidarisieren. Doch diese Entwicklung hat eine Kehrseite: Anstatt uns zu verbinden, zersplittert die Sensibilität die Gesellschaft. Erleben wir gerade den Kipppunkt fortschreitender Sensibilisierung? Svenja Flaßpöhler erzählt die Geschichte des sensiblen Selbst aus philosophischer Perspektive, beleuchtet die zentralen Streitfragen der Zeit und arbeitet den Grund für die prekäre Schieflage heraus: Weil die Widerstandskraft bis heute mit kalter Verpanzerung assoziiert wird, gilt sie als Feindin der Sensibilität. Aber stimmt das? »Sensibel« ist ein hochaktuelles, philosophisches und gleichzeitig unterhaltsames Buch, das die Sensibilität dialektisch durchleuchtet und zu dem Schluss kommt: Die Resilienz ist die Schwester der Sensibilität. Die Zukunft meistern können sie nur gemeinsam.

 

Garcia, Manien: Wir werden nicht unterwürfig geboren. Wie das Patriarchat das Leben von Frauen bestimmt, Berlin: Suhrkamp/Insel 2021.
https://www.suhrkamp.de/buch/manon-garcia-wir-werden-nicht-unterwuerfig-geboren-t-9783518587614

Sogar die unabhängigsten und feministischsten Frauen wissen vielleicht gelegentlich einen begehrenden Männerblick zu schätzen, wollen sich an einer starken Schulter ausweinen oder ziehen die Hausarbeit vermeintlich stärker erfüllenden Tätigkeiten vor. Sind solche Wünsche und Freuden mit ihrer Unabhängigkeit vereinbar oder stellen sie einen Verrat am jahrhundertelangen feministischen Kampf für Gleichberechtigung und sexuelle Selbstbestimmung dar?

Jüngste Debatten im Kontext der #MeToo-Bewegung werfen ein hartes Licht auf diese Ambivalenzen und auf die Kehrseite der Männerherrschaft: die Zustimmung der Frauen zu ihrer eigenen Unterwerfung. Diese wurde als philosophisches Tabu und blinder Fleck des Feminismus in der Komplexität der gelebten Existenz bislang nie im Detail analysiert.

Im direkten Dialog mit dem Denken Simone de Beauvoirs stellt sich Manon Garcia dieser Aufgabe und meistert sie mit philosophischer Bravour. Und sie macht deutlich, warum es wichtig ist, die Mechanismen der Selbstunterwerfung von Frauen zu verstehen. Denn dieses Verstehen ist die notwendige Voraussetzung für jede Emanzipation.

 

Ghodsee, Kristen R.: Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben, Berlin: Suhrkamp 2019.
https://www.suhrkamp.de/buch/kristen-r-ghodsee-warum-frauen-im-sozialismus-besseren-sex-haben-t-9783518075142

Und andere Argumente für ökonomische Unabhängigkeit

Im August 2017 sorgte ein Beitrag von Kristen R. Ghodsee in der New York Times für Furore. Der Titel: „Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex hatten“. Bei „Sozialismus“ mögen viele an alte Männer in grauen Anzügen denken. Tatsächlich aber garantierten zahlreiche sozialistische Länder ihren Bürgerinnen durch die Integration in den Arbeitsmarkt, Lohngleichheit und eine aktive Sozial- und Familienpolitik ein hohes Maß an ökonomischer Unabhängigkeit. Das erlaubte vielen Frauen, ihre Partner nicht nur unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Absicherung, sondern eben auch unter dem der individuellen Entfaltung zu wählen.

Dreißig Jahre nach dem Ende des Staatssozialismus blickt die Historikerin und Ethnografin zurück und untersucht die Auswirkungen der kapitalistischen Transformation auf die Leben von Frauen. Die Lasten einer unregulierten Wirtschaft, so das Ergebnis ihres Essays, den sie nun erweitert als Buch vorlegt, tragen vor allem Frauen. Und sie sind es, die durch eine gerechtere Gesellschaft am meisten zu gewinnen haben.

Kristen R. Ghodsee, geboren 1970, ist Professorin für Russische und Osteuropäische Studien an der University of Pennsylvania und forschte unter anderem in Princeton, Rostock und Freiburg. Von ihr ist zuletzt erschienen: Red Hangover: Legacies of Twentieth-Century Communism (2017).

„Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben“: Gleich zum Orgasmus. Rezension von ZEIT ONLINE-Autorin Ann-Kristin Tlusty
“Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben”: Gleich zum Orgasmus | ZEIT ONLINE / 01.12.2019

Die roten Großmütter der Frauenbewegung: Le Monde diplomatique / 08.07.2021 / Kristen R. Ghodsee
https://monde-diplomatique.de/!5783386

 

Ginsburg, Tobias: Die letzten Männer des Westens. Antifeministen, rechte Männerbünde und die Krieger des Patriarchats, Leipzig 2021.
https://www.rowohlt.de/buch/tobias-ginsburg-die-letzten-maenner-des-westens-9783499003530

„Der westliche Mann wird unterdrückt und verweiblicht, er ist vom Aussterben bedroht.» So klingt der immer lauter werdende Kriegsschrei der Antifeministen, der zu einem Mantra der wieder erstarkenden Rechten geworden ist. Man hört ihn von hyperaggressiven Maskulisten und hasszerfressenen Internet-Hetzern, von testosteronverklebten Sexisten und neurechten Frauenhassern. Tobias Ginsburg hat sich ihnen ein Jahr lang undercover angeschlossen, um herauszufinden, wo diese Ängste und all der Hass herrühren.

Seine Recherche führt ihn quer durch Deutschland und das Internet, in die USA und nach Polen. Er trifft auf rechtsradikale Burschenschafter und faschistische Rapper, auf Online-Trolle und Offline-Schläger, Incels und Identitäre, lässt sich zum «wahren Mann-Sein» anleiten und begleitet muskelbepackte Neonazis bei der Rekrutierung junger Männer. Und schließlich stößt er auf ein international agierendes Netzwerk antifeministischer Fundamentalisten.

Eine so beklemmende wie komische Reise in eine zutiefst gefährliche Welt mitten unter uns.

»Ein leidenschaftlicher Aufklärer.« MDR Sachsenspiegel

In einer Zeit, in der sich die Fronten in einer polarisierenden Gesellschaft zunehmend verhärten, riskiert Tobias Ginsburg einen Höllengang in ein Finsterreich des Männlichkeitswahns und klärt auf: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?!


Gräfen, Svenja
: Radikale Selbstfürsorge. Jetzt! Eine feministische Perspektive, Hamburg 2021.
https://www.lesejury.de/svenja-graefen/buecher/radikale-selbstfuersorge-jetzt/9783959103329

Svenja Gräfen hielt Self-Care lange für egoistisch, unsolidarisch und allem voran für ein falsches Versprechen der milliardenschweren Wellness-Industrie. Höchste Zeit für ein Update: Denn eigentlich ist Selbstfürsorge weder Produkt noch Luxus, sondern zugänglich für jede*n und eine Basis, um auch für andere da sein zu können. In diesem Buch erzählt Svenja Gräfen von eigenen Strategien und Erfahrungen. Sie macht deutlich, warum Self-Care gerade jetzt so wichtig ist – und weshalb Selbstfürsorge und Feminismus einander nicht widersprechen, sondern sogar zusammengehören.

 

Gümüşay, Kübra: Sprache und Sein, Hanser, Berlin 2020.
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/sprache-und-sein/978-3-446-26595-0/

Kübra Gümüşay beschreibt wie Sprache unser Denken prägt und unsere Politik bestimmt. „Ein beeindruckendes Buch, poetisch und politisch zugleich.“ Margarete Stokowski

Dieses Buch folgt einer Sehnsucht: nach einer Sprache, die Menschen nicht auf Kategorien reduziert. Nach einem Sprechen, das sie in ihrem Facettenreichtum existieren lässt. Nach wirklich gemeinschaftlichem Denken in einer sich polarisierenden Welt. Kübra Gümüşay setzt sich seit langem für Gleichberechtigung und Diskurse auf Augenhöhe ein. In ihrem ersten Buch geht sie der Frage nach, wie Sprache unser Denken prägt und unsere Politik bestimmt. Sie zeigt, wie Menschen als Individuen unsichtbar werden, wenn sie immer als Teil einer Gruppe gesehen werden – und sich nur als solche äußern dürfen. Doch wie können Menschen wirklich als Menschen sprechen? Und wie können wir alle – in einer Zeit der immer härteren, hasserfüllten Diskurse –­ anders miteinander kommunizieren?

 

Hänel, Hilkje: Wer hat Angst vorm Feminismus, München: C.H. Beck 2021.
https://www.chbeck.de/haenel-charlotte-angst-vorm-feminismus/product/27871839

Warum Frauen, die nichts fordern, nichts bekommen

Feminismus – das ist nicht nur für Männer, sondern auch für einige Frauen immer noch ein bedrohliches Wort, selbst oder gerade in Zeiten von #MeToo. Liegt das daran, dass viele gar nicht wissen, was Feminismus ist und worauf er hinarbeitet? Gibt es den einen Feminismus? Was hat Feminismus eigentlich mit Sexismus zu tun? Und was mit unseren Beziehungen? Die Philosophin Hilkje Hänel klärt über diese Fragen auf und plädiert für einen Feminismus, von dem alle etwas haben.

Offener Frauenhass ist in unserer Gesellschaft mittlerweile weitgehend geächtet. Aber auch nach über fünfzehn Jahren mit einer Frau an der Regierungsspitze sind wir noch längst nicht in der Gleichberechtigung angekommen. Im Gegenteil: Weiterhin strukturiert Sexismus geschlechtsspezifische Alltagserfahrungen, bis hinein in unsere Intimbeziehungen, wo die Grenzen zwischen Lust und sexueller Gewalt schnell verschwimmen.

Die Philosophin und Schriftstellerin Hilkje Hänel deckt die Mechanismen sexueller Objektifizierung und männlichen Anspruchsdenkens auf. Sie zeigt, wie Frauen oft in die sexistischen Alltagsstrukturen verstrickt sind, an denen auch viele Männer leiden. Ihr zugängliches Buch ist das Plädoyer für einen Feminismus, von dem alle etwas haben.

 

Hasters, Alice: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten, München: hanserblau 2019.
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/was-weisse-menschen-nicht-ueber-rassismus-hoeren-wollen-aber-wissen-sollten/978-3-446-26425-0/

Wer Rassismus bekämpfen will, muss Veränderung befürworten – und die fängt bei einem selbst an.

„Darf ich mal deine Haare anfassen?“, „Kannst du Sonnenbrand bekommen?“, „Wo kommst du her?“ Wer solche Fragen stellt, meint es meist nicht böse. Aber dennoch: Sie sind rassistisch. Warum, das wollen weiße Menschen oft nicht hören.

Alice Hasters erklärt es trotzdem. Eindringlich und geduldig beschreibt sie, wie Rassismus ihren Alltag als Schwarze Frau in Deutschland prägt. Dabei wird klar: Rassismus ist nicht nur ein Problem am rechten Rand der Gesellschaft. Und sich mit dem eigenen Rassismus zu konfrontieren, ist im ersten Moment schmerzhaft, aber der einzige Weg, ihn zu überwinden.

Alice Hasters wurde 1989 in Köln geboren. Sie studierte Journalismus in München und arbeitet u. a. für die „Tagesschau“ und den „RBB“. Mit Maxi Häcke spricht sie im monatlichen Podcast „Feuer&Brot“ über Feminismus und Popkultur.

 

Hausbichler, Beate: Der verkaufte Feminismus. Wie aus einer politischen Bewegung ein profitables Label wurde, Salzburg: Residenz 2021.
https://www.residenzverlag.com/buch/der-verkaufte-feminismus

Vom politischen Kampf zum profitablen Label. Eine spannende Analyse.

Autonomie, Freiheit und Selbstbestimmung: Der Konsumkapitalismus hat schon früh erkannt, dass die Anliegen der Frauenbewegung für ihn nützlich sind. Der markttaugliche Feminismus verlagert die Arbeit: weg von politischen Forderungen für alle, hin zur Arbeit an und für sich selbst.
Welche Gefahren birgt diese Individualisierung, befeuert durch Social Media, für den Diskurs über Gleichberechtigung? Beate Hausbichler zeigt auf, wo überall Feminismus in dicken Lettern draufsteht, obwohl nur Selbstoptimierung, Selbstdarstellung und letztlich Konsum drinstecken, und welches Risiko das für eine politische Bewegung bedeutet.

 

Henninger, Annette / Birsl, Ursula (Hrsg.): Antifeminismen. ‚Krisen‘-Diskurse mit gesellschaftsspaltendem Potential? Bielefeld: transcript 2020-.
https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-4844-7/antifeminismen/

Hinter dem aktuellen Antifeminismus steht eine kleine, aber intensiv vernetzte Gruppe von Akteur*innen, die strategisch um Deutungshoheit kämpft. Ihr Einfluss jenseits des rechten und christlich-fundamentalistischen Spektrums ist jedoch gering – und Gegenmobilisierungen durchaus erfolgreich. Die Beiträge dieses Bandes legen erstmals vergleichende Analysen zum Antifeminismus in Deutschland vor. Untersucht werden dabei Mediendiskurse, Antifeminismus in der Wissenschaft, Mobilisierungen gegen die Reform sexueller Bildung an Schulen, rechte Kritiken an der „Ehe für alle“, Vorstellungen von Mutterschaft sowie Effekte der Projektion von Sexismus auf zugewanderte Muslime in Integrationskursen für Geflüchtete.

Antifeminismus als Angriff auf die Demokratie. Interview mit A. Henninger im Deutschlandradio 11.01.2021
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2021/01/11/annette_henninger_antifeminismen_dlf_20210111_1925_2c0a3b86.mp3

 

 

hooks, bell: Alles über Liebe – Neue Sichtweisen, Harper Collins, New York 2021.
https://www.harpercollins.de/products/alles-uber-liebe-neue-sichtweisen-9783749902361

»Wir brauchen eine Karte, die uns bei unserer Reise zur Liebe den Weg weist – und sie beginnt damit, dass wir wissen, was wir meinen, wenn wir von Liebe reden.«

In ihrem provokativen und zutiefst persönlichen Werk entwirft die bekannte Wissenschaftlerin, Kulturkritikerin und Feministin eine neue Ethik für unsere Gesellschaft der Lieblosigkeit – eine polarisierte Gesellschaft, so bell hooks, der es nicht etwa an Romantik mangelt, sondern an Fürsorge, Anteilnahme und Gemeinschaft. An einem Leitbild für die Liebe. Wie können wir die Kluft überwinden, die uns trennt, und unser kulturelles Paradigma ändern, das Liebe in Sehnsucht und Sex erfüllt sieht? Wie können wir wieder echte Anteilnahme lernen und das gemeinschaftliche Leben in unseren Familien, Schulen oder Arbeitsplätzen festigen?

Mit scharfem Verstand stellt sich bell hooks der schwierigen Frage, was Liebe bedeutet. Ihre Antworten sind immer bestechend und treffen bis ins Mark. Und am Ende erschließt sich eine neue Sicht auf die Liebe: einer angstbefreiten Liebe, die von sakraler Kraft getragen, erlösend und heilsam ist – nicht nur heilsam für Individuen, sondern für eine ganze, in sich gespaltene Nation.

»Ein warmherziger Beweis, dass Liebe möglich ist.«

New York Times Book Review

 

hooks, bell: Die Bedeutung von Klasse. Warum die Verhältnisse nicht auf Rassismus und Sexismus zu reduzieren sind, UNRAST e.V., München 2020.
https://www.unrast-verlag.de/die-bedeutung-von-klasse-detail

Die afro-amerikanische Feministin bell hooks verknüpft in diesem Buch einen sehr persönlichen und autobiografischen Zugang mit einer grundlegenden Gesellschaftsanalyse und Kulturkritik. hooks denkt Klasse stark vom Alltag und von sozialen Bewegungen her, die sie im Hinblick auf ihre Klassenpolitiken kritisiert und auf ihre Potenziale hin befragt. Dabei liefert sie differenzierte und empirisch fundierte Analysen zu den Verknüpfungen von Rassismus, Sexismus und Kapitalismus/Klassismus. Ausgangspunkt sind häufig ihre persönlichen Erfahrungen: als Schwarze Frau aus der Arbeiter*innenklasse (»working class«) der Südstaaten der USA und als »Klassenwechslerin«, die sich in einem weißen akademischen Mittelklasse-Umfeld bewegt – und ihren Wurzeln treu bleiben will. Sie schreibt über den Mangel an Wohnraum und Geld als Kind, über die selbstverständliche gegenseitige Unterstützung in ihrem Schwarzen Herkunftsumfeld, über den Stolz auf die Arbeiter*innenklasse und das gleichzeitige Nicht-Reden über Klasse.

»Mit ihrer intersektionalen Klassenanalyse, ihrer persönlich-autobiografischen Klassismuskritik und einer politisch engagierten, klaren und zugänglichen Art des Schreibens kann bell hooks jedenfalls bedeutsame Inspirationen liefern für die hiesige Klassismusdiskussion.« – Julia Roßhardt, kritischlesen.de

»Hooks ist oft erfrischend einfach, weil sie so deutlich sagt, was sie wirklich meint. Kein akademisches Geschwafel oder mystischer Jargon.« – The Washington Post

 

Illouz, Eva: Warum Liebe endet. Eine Soziologie negativer Beziehungen, Berlin, Suhrkamp 2018.
https://www.suhrkamp.de/buch/eva-illouz-warum-liebe-endet-t-9783518299180

Seit zwei Jahrzehnten beschäftigt sich Eva Illouz mit der Frage, wie der Konsumkapitalismus und die Kultur der Moderne unser Gefühls- und Liebesleben transformiert haben. „Warum Liebe endet“ bildet den vorläufigen Abschluss dieses grandiosen Forschungsprojekts und zeigt, warum mit Blick auf unsere sexuellen und romantischen Beziehungen vor allem eines selbstverständlich geworden ist: sich von ihnen zu verabschieden.

Illouz arbeitet heraus, wie es um Beziehungen in Zeiten von Speed-Dating und Tinder, von Gelegenheitssex und Körperkult bestellt ist – und warum insbesondere Frauen die Leidtragenden dieser gleichermaßen sexualisierten wie sexuell befreiten Kultur sind. Zeitgemäßer geht es nicht.

Eva Illouz, geboren 1961, ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität Jerusalem sowie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique, CSE-EHESS, in Paris. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Anneliese Maier-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung und den EMET-Preis für Sozialwissenschaften.

 

Initiative Perspektivwechsel e.V.: Widerstand. Drei Generationen antikolonialer Protest in Kamerun, Berlin 2020.
https://www.initiative-perspektivwechsel.org/projekte/widerstand-drei-generationen-antikolonialer-protest-in-kamerun/

Ob Wirtschaft, Bildung, Kultur oder Sprache: Koloniale Herrschaft zeichnete sich durch die gewaltsame Umstrukturierung quasi aller Lebensbereiche aus. Die Nachwirkungen dieser Kolonialpolitiken sind in den Ländern des Globalen Südens bis heute spürbar. Doch so alt wie die europäische Expansion ist, ist auch der Widerstand dagegen.

Wir stellen drei antikoloniale Kämpfe aus Kamerun vor. Sie erzählen von Kolonialismus aus der Perspektive der Menschen, die sich gegen ihn wehr(t)en und machen das Ausmaß rassistischer Kolonialpolitik Deutschlands (1884 – 1919), Frankreichs (1919 – 1960) und Großbritanniens (1919 – 1960) in Kamerun deutlich.

 

Joel, Daphna / Vikhanski, Luba: Das Gehirn hat kein Geschlecht – Wie die Neurowissenschaft die Genderdebatte revolutioniert, München: dtv 2021
https://www.dtv.de/buch/daphna-joel-luba-vikhanski-das-gehirn-hat-kein-geschlecht-43780.pdf/?website_area=handel

Das Märchen von männlichen und weiblichen Gehirnen

Noch immer hält sich der Mythos, Frauen und Männer würden sich in Eigenschaften und Verhaltensweisen grundlegend unterscheiden. Auch die Wissenschaft versuchte lange zu beweisen, dass männliche und weibliche Gehirne von Natur aus unterschiedlich ticken.

Die israelische Neurowissenschaftlerin Daphna Joel widerlegt diese Theorie. Anhand neuester Studien und ihrer eigenen bahnbrechenden Forschung belegt sie, dass jedes Gehirn ein einzigartiges Mosaik ist, das sowohl „männliche“ als auch „weibliche“ Merkmale in sich vereint. Und sie erklärt, warum wir alle verlieren, wenn wir an Geschlechterstereotypen festhalten.

Ein faszinierender Blick auf unser Gehirn und ein starkes Plädoyer für die Abkehr von einem System, das Menschen aufgrund ihres Geschlechts in zwei Kategorien einteilt.

Dr. Daphna Joel ist Dozentin für Neurowissenschaften und Psychologie an der Universität Tel Aviv. Sie ist eine Expertin im Bereich Gehirn, Geschlecht und Gender und eine gefragte Keynote-Speakerin auf Kongressen und Symposien auf der ganzen Welt.

Luba Vikhanski absolvierte das „Science, Health and Environmental Reporting Program“ der New York University. Sie arbeitet als Wissenschaftsautorin am Weizmann Institute of Science, Israel, und ist Autorin dreier Bücher.

Beitrag zum Buch im Deutschlandfunk: Kampf dem Rollenklischee.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/daphna-joel-luba-vikhanski-das-gehirn-hat-kein-geschlecht.950.de.html?dram:article_id=497345

 

Kaiser, Susanne: Politische Männlichkeit. Wie Incels, Fundamentalisten und Autoritäre für das Patriarchat mobilmachen, Berlin: Suhrkamp 2020.
https://www.suhrkamp.de/buch/susanne-kaiser-politische-maennlichkeit-t-9783518127650

„Wir müssen unsere Männlichkeit wiederentdecken“, appelliert Björn Höcke an den deutschen Mann. Mit dieser Forderung ist der AfD-Politiker nicht allein: Von Neuseeland bis Kanada, von Brasilien bis Polen vernetzen sich Rechtspopulisten, sogenannte „Incels“, aber auch christliche Abtreibungsgegner unter dem Banner der Männlichkeit, um Frauen auf einen nachrangigen Platz in einer angeblich natürlichen Hierarchie zurückzuverweisen.

Susanne Kaiser bietet einen kompakten Überblick über die Geschichte und das Programm dieser Bewegung. Sie wertet Diskussionen in der „Mannosphäre“ aus, zeigt internationale Verbindungen auf und fragt, warum rechte Mobilisierung überall auf der Welt gerade über die Themen Gender Studies, LGBT-Rechte und Geschlechterrollen funktioniert.

 

Kantor, Jodi / Twohey, Megan: MeToo. Von der ersten Enthüllung zur globalen Bewegung, Stuttgart: Klett-Cotta 2020.
Klett-Cotta: #Me Too – Jodi Kantor, Megan Twohey

Ausgezeichnet mit dem Pulitzer-Preis

Mit ihren Enthüllungen zum Fall Harvey Weinstein bringen die Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey eine Bewegung ins Rollen, die die Welt nachhaltig verändert. Damit beginnt die Zerschlagung eines Systems, das sexuelle Übergriffe über Jahrzehnte systematisch verschleierte.

Monatelang recherchieren Megan Twohey und Jodi Kantor, um die Wahrheit über Harvey Weinstein herauszufinden. In ihren Interviews mit über 80 Frauen beweisen sie erstmals, was die bereits kursierenden Gerüchte besagen: Sexueller Missbrauch und Belästigungen sind an der Tagesordnung. Schauspielerinnen wie Mitarbeiterinnen Weinsteins berichten von Schweigegeldzahlungen und Geheimhaltungsvereinbarungen, die die jahrzehntelangen Übergriffe systematisch verschleierten.

Mit immensem journalistischem Geschick und gegen alle Widerstände gelingt es Jodi Kantor und Megan Twohey, Harvey Weinstein zu Fall zu bringen. In diesem Buch erzählen sie nicht nur von bislang unveröffentlichten Details und versteckten Quellen, sie verdeutlichen auch, was die Enthüllung für die daraus erwachsene, weltweite #MeToo-Bewegung bedeutet. Eine einzigartige, inspirierende Geschichte des investigativen Journalismus, in der sich Frauen für andere Frauen, zukünftige Generationen und für sich selbst eingesetzt haben.

Stimmen zum Buch:

„Die Geschichte von Jodi Kantor und Megan Twohey sollte jeder lesen. Sie zeigen eindrücklich, wie ein Mann wie Weinstein seine Macht und viele Frauen so lange missbrauchen konnte.“ Los Angeles Times Review

„#MeToo ist fesselnd und, von zwei der talentiertesten Journalistinnen des Landes angefertigt, eine lebhafte, filmische Lektüre.“ CNN

„Eine ‚true crime story‘, die teilweise so spannend ist, als wüsste niemand, was kommt.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung

„#MeToo liest sich gleichzeitig wie ein Thriller und wie eine Anklage gegen ein System voller Fäulnis. Aber letztlich geht es um die Frauen, die in ihrem Schmerz gefesselt sind und sich weigerten, länger zu schweigen.“ The Atlantic

 

Kaplan, Dana; Illouz, Eva: Was ist sexuelles Kapital? Suhrkamp, Berlin 2021.
https://www.suhrkamp.de/buch/was-ist-sexuelles-kapital-t-9783518587720

Nicht die Natur bestimmt unsere Vorstellungen von Sexualität, sondern die Gesellschaft. War es früher die Religion, die den Sex regulierte, so ist es heute die Ökonomie. Kein Wunder also, dass »sexuelles« oder »erotisches Kapital« in der Soziologie, den Gender Studies, der Sexualwissenschaft und sogar in der Alltagssprache zu einer gängigen Metapher geworden ist, um die Motive und Konsequenzen von Praktiken etwa zur Steigerung der sexuellen Attraktivität zu beschreiben.

In ihrem konzisen und mit zahlreichen Beispielen angereicherten Buch verteidigen Dana Kaplan und Eva Illouz den Begriff des sexuellen Kapitals als analytische Kategorie, machen ihn jedoch komplexer und befreien ihn von Gender-Klischees sowie von rationalistischen und identitätspolitischen Kurzschlüssen. Sie zeigen, dass sexuelles Kapital verschiedene, historisch bedingte Formen annehmen kann, die zeitweise auch nebeneinander bestehen. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Spezifika der neoliberalen Sexualität, die mit einer ganz eigenen Sorte von sexuellem Kapital einhergeht. Dieses zirkuliert längst nicht mehr nur im Bereich privater Intimbeziehungen, sondern in der gesamten Sphäre der kapitalistischen Reproduktion. Aus dieser Perspektive erscheint dann auch die Frage nach Klassen- und Geschlechterhierarchien in einem neuen Licht.

 

Karl, Michaela: Die Geschichte der Frauenbewegung, Ditzingen: Reclam 2020.
https://www.reclam.de/detail/978-3-15-019657-1/Karl__Michaela/Die_Geschichte_der_Frauenbewegung

Feminismus ist so aktuell wie lange nicht mehr, selbst Popstars und Modelabels schmücken sich mit ihm. In jüngster Zeit hat die #MeToo-Debatte dazu beigetragen, dass über sexuelle Belästigung und andere Benachteiligungen von Frauen, nicht nur in der Kulturwelt, offener gesprochen wird.

Doch der Kampf um Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung hat eine lange Vorgeschichte, die von den Suffragetten über die Feministinnen der 1968er-Generation bis hin zum Postfeminismus und den Gendertheorien um die Jahrtausendwende reicht. Ein kompakter, kenntnisreicher Überblick.

 

Kelly, Natasha A.: Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen! Atrium Verlag, Hamburg 2021.
https://www.kulturkaufhaus.de/de/detail/ISBN-9783855351145/Kelly-Natasha-A./Rassismus.-Strukturelle-Probleme-brauchen-strukturelle-L%C3%B6sungen

Rassismus ist eine Ideologie, die seit Langem unsere gesamte Gesellschaft durchzieht und ihre Strukturen prägt – in der öffentlichen Debatte wird jedoch meist allein auf der individuellen Ebene nach Lösungen gesucht. Wir müssen aber die strukturelle Dimension des Rassismus verstehen, um erfolgsversprechende Maßnahmen dagegen entwickeln zu können. Natasha A. Kelly setzt mit ihrem grundlegenden Buch nun elementare Impulse für eine längst überfällige Diskussion.

 

Khanna, Neetu: the visceral logics of decolonization, Duke University Press, Durham 2020.
https://www.dukeupress.edu/the-visceral-logics-of-decolonization

In The Visceral Logics of Decolonization Neetu Khanna rethinks the project of decolonization by exploring a knotted set of relations between embodied experience and political feeling that she conceptualizes as the visceral. Khanna focuses on the work of the Progressive Writers’ Association (PWA)—a Marxist anticolonial literary group active in India between the 1930s and 1950s—to show how anticolonial literature is a staging ground for exploring racialized emotion and revolutionary feeling. Among others, Khanna examines novels by Mulk Raj Anand, Ahmed Ali, and Khwaja Ahmad Abbas, as well as the feminist writing of Rashid Jahan and Ismat Chughtai, who each center the somatic life of the body as a fundamental site of colonial subjugation. In this way, decolonial action comes not solely from mental transformation, but from a reconstitution of the sensorial nodes of the body. The visceral, Khanna contends, therefore becomes a critical dimension of Marxist theories of revolutionary consciousness. In tracing the contours of the visceral’s role in decolonial literature and politics, Khanna bridges affect and postcolonial theory in new and provocative ways.

 

Knapp, Natalie: Der unendliche Augenblick. Warum Zeiten der Unsicherheit so wertvoll sind, Reinbek: Rowohlt 2017.
https://www.rowohlt.de/buch/natalie-knapp-der-unendliche-augenblick-9783498034030

Ein neuer Lebensabschnitt, eine gesellschaftliche Krise oder die Geburt eines Kindes: Wenn sich Dinge verändern, fühlen wir uns oft verunsichert. Denn wir müssen Abschied nehmen von Vertrautem, haben aber noch keine Vorstellung davon, was an seine Stelle treten wird.

Die Philosophin Natalie Knapp plädiert dafür, Umbruchsituationen oder Schicksalsschläge nicht möglichst schnell hinter sich lassen zu wollen, sondern sie auf eine neue Art wertzuschätzen. Denn es sind Phasen, in denen das Leben mit besonderer Intensität spürbar wird. Sie aktivieren unser schöpferisches Potenzial und lassen uns Entdeckungen und Erfahrungen machen, die uns in ruhigeren Jahren Halt und Richtung geben.

„Nach zwei Stunden mit Natalie Knapp fühlt man sich viel aufgeräumter.“ Süddeutsche Zeitung

 

Kühne, Fränzi: Was Männer nie gefragt werden. Ich frage trotzdem mal, Frankfurt: S. Fischer 2021.
https://www.fischerverlage.de/buch/fraenzi-kuehne-was-maenner-nie-gefragt-werden-9783596705825

Aufsichtsrätin und Mutter Fränzi Kühne bietet eine überraschende und unterhaltsame Perspektive auf das, was in Sachen Gleichberechtigung immer noch falsch läuft.

„Herr Maas, Sie tragen meist Anzug und Krawatte – das ist Standard in der Politik, oder?“ „Mussten Sie sich zwischen Kindern und Ihrem Start-up entscheiden, Herr Zeiler?“ Warum klingen diese Fragen seltsam? Weil sie sonst nur Frauen gestellt werden.

Ich habe das am eigenen Leib erfahren, als ich jüngste Aufsichtsrätin Deutschlands wurde. Aber statt mich zu ärgern, habe ich mir einen Spaß gemacht und den Spieß einfach umgedreht: Jetzt stelle ich Männern all die Fragen, mit denen ich sonst konfrontiert werde. Das Ergebnis hat mich überrascht. Aber lesen Sie selbst …

„Fränzi hat mich eingeschüchtert, verunsichert und beleidigt. Bis ich verstanden habe, dass ihr exakt diese Fragen gestellt wurden. Unfassbar.“ Fynn Kliemann

Fränzi fragt, diese Männer antworten: Jürgen Bornschein, Axel Bosse, Jörg Eigendorf, Rainer Esser, Holger Friedrich, Gregor Gysi, Lars Hellmeyer, Joe Kaeser, Friedrich Kautz, Fynn Kliemann, Frater Rafael Maria Klose, Heiko Maas, Christoph Mönnikes, Julian Otto alias Bausa, Christian Rach, Frank Thelen, Helmut Thoma, Ole von Beust, Jean-Remy von Matt, Frank-Peter Weiß, Peter Wittkamp und Waldemar Zeiler.

 

Kurt, Şeyda: Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist, Hamburg 2021.
https://www.harpercollins.de/products/radikale-zartlichkeit-warum-liebe-politisch-ist-9783749901142

What is love? Ist die Liebe Sinn des Lebens, eine politische Allianz, Illusion oder Selbstzweck? Oder ist sie gar unmöglich, weil wir uns zwischen Zukunftsängsten, überhöhten Ansprüchen und diskriminierenden Strukturen völlig zerreiben?

Şeyda Kurt nimmt unsere allzu vertrauten Liebesnormen im Kraftfeld von Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus auseinander – und erforscht am Beispiel ihrer eigenen Biografie, wie traditionelle Beziehungsmodelle in die Schieflage geraten, sobald sicher geglaubte Familienbande zerbrechen und hergebrachte Wahrheiten in Zweifel geraten. Denn Liebe existiert nicht im luftleeren Raum. Sie ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Und sie ist politisch.

Wie also wollen wir wirklich lieben? Wen und wie viele? Wie kann er aussehen, ein radikaler Neuentwurf der Liebe? Und wie können Menschen sich gemeinsam gegen die Ismen unserer Gesellschaft behaupten – als Partner*innen, Familie und Freund*innen?  Scharfsinnig, witzig und mit einem feinen Gespür für die zahlreichen Fallstricke und Dimensionen der Liebe erzählt Şeyda Kurt von ihrer Suche nach neuen Narrativen –  und einer uns eigenen Sprache der Zärtlichkeit, in der wir mit überkommenden Beziehungsmodellen brechen und ein gerechteres Miteinander wagen können.

»Ein zukunftsweisender und gerade wegen seiner Kritik an der Liebe radikal liebevoller Denkanstoß.« Marlene Halser, Berliner Zeitung, 30.04.2021

»Seyda Kurts Buch ist ein überzeugendes Plädoyer für eine Vielfalt von Beziehungsformen – und für die Bedeutsamkeit von Freundschaften.« Inga Dreyer, neues deutschland, 06.05.2021

»Wenn Sie sich diese Frage auch stellen möchten, in welchen Beziehungen möchte ich leben, dann empfehlen wir Şeyda Kurt.« rbb die Literaturagenten, 09.05.2021

»[Ein] Anfang der Auseinandersetzung auf Augenhöhe. ‘Radikale Zärtlichkeit‘ ist beides: radikal und zärtlich Mithu Sanyal, WDR5, 21.05.2021

 

Lechner, Elisabeth: Riot, don’t diet! Aufstand der widerspenstigen Körper, Wien: Kremayr & Scheriau 2021.
https://www.kremayr-scheriau.at/bucher-e-books/titel/riot-dont-diet-2/

„In fünf Schritten zur Schönheitsrevolution: Die Zukunft ist widerspenstig!“

Podcast zum Thema (09.07.2021):
Warum ist es so schwer, den eigenen Körper zu mögen? Gespräch mit Standard-Podcasterin Beatrice Frasl über Lookismus, Dickenhass und mögliche Auswege

Dass mit den gängigen Schönheitsnormen Milliarden verdient werden, das ist längst bekannt. Ebenso, dass genau deshalb immer wieder neue Schönheitsideale erfunden werden. Trotzdem ist es für sehr viele, wenn nicht für die meisten, enorm schwer, ihrem oder seinem Aussehen halbwegs gelassen zu begegnen. Elisabeth Lechner seziert in ihrem Buch „Riot, don’t diet!“ den kapitalistischen und politischen Hintergrund, vor dem Menschen aufgrund ihres Körpers bewertet, normiert und diskriminiert werden.

Die Podcasterin und Genderexpertin Beatrice Frasl spricht in „Lesezeichen“ über die Funktionen von im Buch thematisierten Affekten wie Scham und Ekel und dass es schlicht nicht die Aufgabe unserer Körper ist, für andere schön auszusehen.

Podcast hören: https://www.derstandard.de/story/2000127745140/auf-dem-sonnenstrahl-weltallweite-suche-nach-der-ersten-liebe

Pinkstinks kennenlernen: https://pinkstinks.de/autoren/elisabeth-lechner/

 

Lorde, Audre: Sister Outsider. „Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen.“, München: Hanser 2021.
https://www.hanser-literaturverlage.de/autor/audre-lorde/

Audre Lorde ist die revolutionäre Denkerin und Ikone des Schwarzen Feminismus.

Audre Lorde wusste, was es heißt, als Bedrohung zu gelten: als feministische Dichterin, als Schwarze Frau in einer weißen akademischen Welt, als lesbische Mutter eines Sohnes. Viele „Formen menschlicher Verblendung haben ein und dieselbe Wurzel: die Unfähigkeit, Unterschiedlichkeit als eine dynamische Kraft zu begreifen, die bereichernd ist, nicht bedrohlich“.

Lorde widmete ihr Schaffen dem Kampf gegen Unterdrückung. Verschiedenheit und Schwesternschaft, Zorn, Erotik und Sprache wurden zu kraftvollen Waffen. In ihren Texten über Rassismus, Patriarchat und Klasse finden wir Antworten auf die brennenden Fragen der Gegenwart – ein halbes Jahrhundert nach Erscheinen beweist der Band seine erschreckende Aktualität.

Audre Lorde, 1934 in Harlem geboren, war eine US-amerikanische Dichterin, Theoretikerin und Aktivistin. Zwischen 1984 und 92 verbrachte sie jedes Jahr mehrere Monate in Berlin, u.  a. als Gastprofessorin an der FU Berlin. Audre Lorde verfasste mehrere Gedicht- und Essaybände sowie autobiographische Werke. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Audre Lorde starb 1992 an ihrer Krebserkrankung.

 

Mayr, Anna: Die Elenden, Berlin: Hanser 2020.
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/die-elenden/978-3-446-26840-1/

Anna Mayr war noch ein Kind und schon arbeitslos. Sie ließ die Armut hinter sich, doch den meisten gelingt das nicht – und das ist so gewollt. Dieses Buch zeigt, warum.

Faul. Ungebildet. Desinteressiert. Selber schuld. Als Kind von zwei Langzeitarbeitslosen weiß Anna Mayr, wie falsch solche Vorurteile sind – was sie nicht davor schützte, dass ein Leben auf Hartz IV ein Leben mit Geldsorgen ist und dem Gefühl, nicht dazuzugehören. Früher schämte sie sich, dass ihre Eltern keine Jobs haben.
Heute weiß sie, dass unsere Gesellschaft Menschen wie sie braucht: als drohendes Bild des Elends, damit alle anderen wissen, dass sie das Richtige tun, nämlich arbeiten. In ihrem kämpferischen, thesenstarken Buch zeigt Mayr, warum wir die Geschichte der Arbeit neu denken müssen: als Geschichte der Arbeitslosigkeit. Und wie eine Welt aussehen könnte, in der wir die Elenden nicht mehr brauchen, um unseren Leben Sinn zu geben.

Anna Mayr wurde 1993 in einer Mittelstadt am östlichen Rand des Ruhrgebiets geboren. In der Grundschule lernte sie die Fangesänge von Borussia Dortmund, am Gymnasium wurde ihr beigebracht, dass sie die Gegend am besten schnellstmöglich verließ. Sie studierte Geographie und Literatur in Köln, schrieb für eine Boulevardzeitung, arbeitete als Deutschlehrerin. Mit dem Team von Correctiv war sie 2018 für den Nannenpreis und den Reporterpreis nominiert. Heute ist sie Redakteurin im Politik-Ressort der ZEIT und lebt in Berlin.

 

Menakem, Resmaa: My Grandmother’s Hands. Racizalized Trauma and the Pathway to Mending Our Hearts and Bodies, ‎ Central Recovery Press; Illustrated Edition 2017.
https://www.goodreads.com/book/show/34146782-my-grandmother-s-hands

The body is where our instincts reside and where we fight, flee, or freeze, and it endures the trauma inflicted by the ills that plague society.

In this groundbreaking work, therapist Resmaa Menakem examines the damage caused by racism in America from the perspective of body-centered psychology. He argues this destruction will continue until Americans learn to heal the generational anguish of white supremacy, which is deeply embedded in all our bodies. Our collective agony doesn’t just affect African Americans. White Americans suffer their own secondary trauma as well. So do blue Americans—our police.

My Grandmother’s Hands is a call to action for all of us to recognize that racism is not about the head, but about the body, and introduces an alternative view of what we can do to grow beyond our entrenched racialized divide.

This book paves the way for a new, body-centered understanding of white supremacy—how it is literally in our blood and our nervous system. It offers a step-by-step solution—a healing process—in addition to incisive social commentary.

Resmaa Menakem, MSW, LICSW, is a therapist with decades of experience currently in private practice in Minneapolis, MN, specializing in trauma, body-centered psychotherapy, and violence prevention. He has appeared on the Oprah Winfrey Show and Dr. Phil as an expert on conflict and violence. Menakem has studied with bestselling authors Dr. David Schnarch (Passionate Marriage) and Dr. Bessel van der Kolk (The Body Keeps the Score). He also trained at Peter Levine’s Somatic Experiencing Trauma Institute.

 

Mignolo, Walter D.: Epistemischer Ungehorsam. Rhetorik der Moderne, Logik der Kolonialität und Grammatik der Dekolonialität, Turia + Kant, Wien 2019. https://www.socialnet.de/rezensionen/26241.php

Das Buch „Epistemischer Ungehorsam. Rhetorik der Moderne, Logik der Kolonialität und Grammatik der Dekolonialität“ beschreibt ein Projekt, das den Eurozentrismus und das westliche Denken fundamental kritisiert, indem vorhandene Regelsysteme und Erklärungskontexte hinterfragt und historische Machtstrukturen offengelegt werden. Jens Kastner und Tom Waibel weisen in ihrem Vorwort darauf hin, dass das Projekt im Diskursfeld der Cultural Studies, der Subaltern Studies und der Postcolonial Studies eingebettet ist. Da es sowohl ein akademisch-theoretisches als auch politisch-aktivistisches Projekt ist, sind viele Menschen damit verbunden. Prominente Vertreter sind in Süd-Amerika neben Walter Mignolo auch Enrique Dussel und Aníbal Quijano.

Mignolo versteht es Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Während sein Programm der Dekolonialisierung anmutet theoretisch zu bleiben, verabsäumt er es nicht mehrere Beispiele anzuführen, die sein Denken illustrieren und die Grammatik der Kolonialität transparent macht. Nach der Lektüre von „Epistemischer Ungehorsam“ möchte man gleichzeitig mehr von diesem Autor lesen und bereits formierte Denkmuster hinterfragen. Ein Projekt der Dekolonialisierung ist also kein ausschließlich akademisches Projekt, sondern auch eines für den nicht wissenschaftlichen Alltag. Es geht darum manifestierte Denkweisen aufzudecken und neu zu ordnen. Ein Projekt, das niemals endet!

 

Morrison, Toni: Beloved, New York 1997.
https://www.weltbild.de/artikel/buch/beloved_14477138-1

Discover Toni Morrison’s most iconic work in this Pulitzer-prize winning novel that exemplifies her powerful and important place in contemporary American literature.

‘An American masterpiece’ AS Byatt

It is the mid-1800s and as slavery looks to be coming to an end, Sethe is haunted by the violent trauma it wrought on her former enslaved life at Sweet Home, Kentucky. Her dead baby daughter, whose tombstone bears the single word, Beloved, returns as a spectre to punish her mother, but also to elicit her love. Told with heart-stopping clarity, melding horror and beauty, Beloved is Toni Morrison’s enduring masterpiece.

‘Toni Morrison was a giant of her times and ours…”Beloved,” is a heartbreaking testimony to the ongoing ravages of slavery, and should be read by all’ Margaret Atwood, New York Times

‘The literary titan we must never stop learning from’ Metro

Ogette, Tupoka: Exit RACISM: rassismuskritisch denken lernen, 9. Auflage, München 2020.
https://www.exitracism.de/

Obwohl Rassismus in allen Bereichen der deutschen Gesellschaft wirkt, ist es nicht leicht, über ihn zu sprechen. Keiner möchte rassistisch sein, und viele Menschen scheuen sich vor dem Begriff. Das Buch begleitet die Leser*innen bei ihrer mitunter ersten Auseinandersetzung mit Rassismus und tut dies ohne erhobenen Zeigefinger. Vielmehr werden die Leser*innen auf eine rassismuskritische Reise mitgenommen, in deren Verlauf sie nicht nur konkretes Wissen über die Geschichte des Rassismus und dessen Wirkungsweisen erhalten, sondern auch Unterstützung in der emotionalen Auseinandersetzung mit dem Thema. Übungen und Lesetipps eröffnen an vielen Stellen die Möglichkeit, sich eingehender mit einem bestimmten Themenbereich zu befassen. Über QR-Codes gelangt man zu weiterführenden Artikeln, Videos und Bildern. Ergänzend dazu finden sich in fast jedem Kapitel Auszüge aus sogenannten Rassismus-Logbüchern – anonymisierte Tagebücher, die ehemalige Student*innen von Tupoka Ogette in ihrer eigenen Auseinandersetzung mit Rassismus geführt haben und in denen sie über ihre Emotionen und Gedankenprozesse berichten. Auch Handlungsoptionen kommen nicht zu kurz. Ziel des Buches ist es, gemeinsam mit den Leser*innen eine rassismuskritische Perspektive zu erarbeiten, die diese im Alltag wirklich leben können.

 

Passmann, Sophie: Alte weiße Männer. Ein Schlichtungsversuch, Köln: KiWi 2019.
https://www.kiwi-verlag.de/buch/sophie-passmann-alte-weisse-maenner-9783462052466

„Beweis erbracht: Unbestechlichen Feminismus gibt es auch in lustig. Sogar in sehr lustig! Großartig!“ Anne Will

Sophie Passmann ist Feministin und so gar nicht einverstanden mit der Plattitüde, der alte weiße Mann sei an allem schuld. Sie will wissen, was hinter diesem Klischeebild steckt, und fragt nach: Ab wann ist man ein alter weißer Mann? Und kann man vielleicht verhindern, einer zu werden?

Sophie Passmann gehört zu einer neuen Generation junger Feministinnen; das sind Frauen, die stolz, laut und selbstbestimmt sind. Sie wollen Vorstandschefinnen werden oder Hausfrauen, Kinder kriegen oder Karriere machen oder beides. Und sie haben ein Feindbild, den alten weißen Mann. Dabei wurde nie genau geklärt, was der alte weiße Mann genau ist.

Eines ist klar: Er hat Macht und er will diese Macht auf keinen Fall verlieren. Doch Sophie Passmann will Gewissheit statt billiger Punchlines, deswegen trifft sie mächtige Männer, um mit ihnen darüber zu sprechen: „Sind Sie ein alter weißer Mann und wenn ja – warum?“ Die Texte, die daraus entstanden sind, gehören zu den klügsten und gleichzeitig lustigsten, die man hierzulande finden kann.

Sophie Passmann war im Gespräch mit: Christoph Amend, Micky Beisenherz, Kai Diekmann, Robert Habeck, Carl Jakob Haupt, Kevin Kühnert, Rainer Langhans, Sascha Lobo, Papa Passmann, Ulf Poschardt, Tim Raue, Marcel Reif, Peter Tauber, Jörg Thadeusz, Claus von Wagner.

 

Roig, Emilia: Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung, Berlin: Aufbau 2021.
https://www.aufbau-verlag.de/index.php/why-we-matter.html

Weiß, männlich, nicht behindert – in „Why We Matter: Das Ende der Unterdrückung“ befasst sich die Politologin und Aktivistin Emilia Roig mit der Bewusstwerdung von Privilegien dominanter gesellschaftlicher Gruppen. Perspektivwechsel seien notwendig.

Emilia Roig deckt die Muster der Unterdrückung auf und leitet zu radikaler Solidarität an. Sie zeigt – auch anhand der Geschichte ihrer eigenen Familie –, wie Rassismus und Black Pride, Trauma und Auschwitz, Homofeindlichkeit und Queerness, Patriarchat und Feminismus aufeinanderprallen.

Wie die weiße Vorherrschaft alle Lebensaspekte durchdringt. Emilia Roig im Gespräch mit Shelly Kupferberg. Deutschlandfunk Kultur 27.02.2021
Emilia Roig über “Why We Matter: Das Ende der Unterdrückung” – Wie die weiße Vorherrschaft alle Lebensaspekte durchdringt (deutschlandfunkkultur.de)

„Radikal und behutsam zugleich. Dieses Buch ist ein heilsames, inspirierendes Geschenk.“ Kübra Gümüsay

„Die Antwort auf viele Fragen unserer unsicheren Zeit heißt: Gleichberechtigung aller. Und dieses großartige Buch ist ein Schritt auf dem Weg dahin.“ Sibylle Berg

„Dieses Buch wird verändern, wie Sie die Welt wahrnehmen, und Sie verstehen lassen, was Gerechtigkeit wirklich bedeutet.“ Teresa Bücker

„Dass Emilia Roig einen in seiner Radikalität essentiellen Beitrag zu den Diskriminierungsdebatten dieser Zeit geschrieben hat, steht außer Zweifel. Er wird es so lange bleiben, bis eine ganze Reihe weiterer Empathielücken geschlossen ist.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Mit ‚Why we matter‘ blickt Roig in zahlreiche Bereiche, die bis heute von offenem Rassismus, dürftig verkappter Unterdrückung oder unbewussten Mustern der Diskriminierung geprägt sind. Die knapp 400 Seiten haben viel Potenzial, die Augen von weißen, privilegierten Menschen zu öffnen.“ dpa

 

Rosales, Caroline: Sexuell verfügbar, Berlin: Ullstein 2019.
Sexuell verfügbar – Hardcover | ULLSTEIN (ullstein-buchverlage.de)

Aufwachsen als Mädchen und Frausein im Spiegel von Alltagssexismus und Missbrauch

„Aufklärung ist meine Nr. 1 in gesellschaftlichen Fragen, und genau das findet in diesem Buch statt. Hier geht es um die Feinheiten. Für mehr Bewusstsein, mehr Sensibilität mehr Selbst-Erkenntnis und -Bestimmung. Gut für mich – gut für alle.“ Inga Humpe

Es wird viel geredet über die patriarchalisch geprägte sexistische Gesellschaft, doch selten über den Nährboden, der das Wachstum solcher männlich-dominierten Machtstrukturen begünstigt.

Caroline Rosales erzählt nah an ihrer eigenen Geschichte, wie bereits kleine Mädchen darauf konditioniert werden, lieb und höflich zu sein und dem Onkel doch ein Küsschen zu geben. Und wie aus diesen Mädchen Frauen werden, die mehr auf das Gegenüber achten als auf sich selber. Das müssen wir ändern. Denn es gibt viele Grauzonen zwischen unserer Erziehung, Missbrauch und Feminismus. Hier werden sie beleuchtet.

Caroline Rosales, geboren 1982 in Bonn, ist Autorin mehrerer Sachbücher und Redakteurin der ZEIT-Magazine bei ZEIT ONLINE. „Das Leben keiner Frau“ ist ihr literarisches Debüt. Rosales lebt mit ihrer Familie in Berlin.

 

Rufles, Evke: Die Erfindung der Hausfrau. Geschichte einer Entwertung, HarperCollins, Hamburg 2021.
https://www.harpercollins.de/products/die-erfindung-der-hausfrau-geschichte-einer-entwertung-9783749902408

»Das bisschen Haushalt« – diese unsäglich anstrengende, undankbare Aufgabe kostet viele Frauen bis heute den letzten Nerv. Egal, ob sie berufstätig oder »nur« Hausfrau (und Mutter) sind. Doch unter welchen ökonomisch-gesellschaftlichen Verhältnissen konnte sich überhaupt ein solches Rollenmodell etablieren, das Frauen nicht nur in finanzielle Abhängigkeit drängte, sondern enormen psychischen Belastungen aussetzte?

Evke Rulffes erzählt die historische Entwicklung der Hausfrau nach und zeigt, wo sich diese alten Verhältnisse trotz all der politischen Bemühungen um ein gleichberechtigtes Miteinander heute noch wiederfinden, wie sie uns prägen und beeinflussen: Warum haben vor allem Mütter das Gefühl, sie müssen alles alleine schaffen? Warum ist es ihnen unangenehm, sich Hilfe zu organisieren? Und warum bleibt selbst das Organisieren von Hilfe in der Regel bei ihnen hängen?

Pointiert, fundiert und erhellend zeigt uns die Autorin die historischen Gründe für unseren Gender-Gap und was die Erfindung der Hausfrau mit dem schlechten Gewissen der Mutter zu tun hat. Denn »Das bisschen Haushalt« kommt nicht von ungefähr …

 

Salami, Minna: Sinnliches Wissen. Eine schwarze Perspektive für alle, Berlin: Matthes & Seitz 2021.

Sinnliches Wissen verbindet Verstand und Gefühl, Poesie und Forschung, Mythen und zeitgenössische Theorien, sucht das Unermessliche und das Quantifizierbare. Wie das genau passiert, erklärt die Journalistin Minna Salami in ihrem gleichnamigen Buch.

Macht und Schönheit ohne Herrschaft. Deutschlandfunk Kultur 18.08.2021
https://www.deutschlandfunkkultur.de/minna-salami-sinnliches-wissen-eine-schwarze-feministische.1270.de.html?dram:article_id=500744

In ihrem neuen Buch „Sinnliches Wissen“ versammelt Minna Salami Essays über Schwarzsein, Wissen und Macht, Kunst, Feminismus und Weiblichkeit, Befreiung, Schwesternschaft und Schönheit.

Schon im ersten Text stellt sie klar, wogegen sie angeht: eine „europatriarchalische, auf Hierarchie fixierte Konstruktion des Wissens, die elitäre europäische Männer als Propaganda verbreiteten, um ihre eigene Weltsicht im großen Maßstab durchzusetzen“.

Darin herrscht Rationalität über Emotionalität, Mann über Frau, White Supremacy in tausend offensichtlichen und subtilen Schattierungen über die Identitäten, Erfahrungen und das Wissen aller anderen.

„‚Sinnliches Wissen‘ ist ein forschendes, herausforderndes und fantasievolles Buch, das es wagt, den Schwarzen Feminismus als das Prisma zu positionieren, durch das wir die Welt besser erleben und verstehen können.“ Bernardine Evaristo

In ihrem inspirierenden und ermutigenden Essay lehnt Minna Salami eine Opferhaltung ab und zeigt jenseits von Essenzialisierungen, welche ungeheure Wirkung in afrikanischen und weiblichen Sichtweisen auf die Welt verborgen liegt. Persönlich und global, analytisch und poetisch, kämpferisch und voller Emphase eröffnet sie eine schwarze feministische Perspektive für alle, die durch ihre Nähe zu Spiritualität und eine andere Art der Naturbeziehung auch progressive, westliche Positionen herausfordert.

Denn Gleichberechtigung kann nicht darin bestehen, dass Frauen sich Männern, Schwarze sich Weißen angleichen. In ihrem Nachdenken über Befreiung, Dekolonisierung, Identität, Blackness und Schwesternschaft, das sich aus vielfältigen und auch unvermuteten Quellen speist, erweitert Minna Salami nicht nur unsere eingeschränkte Sicht auf die Welt, sondern preist auch das Glück, eine Frau zu sein, eine Schwarze Frau, die für nichts weniger als die Befreiung aller Menschen kämpft.

Minna Salami, 1978 in Finnland als Tochter eines Nigerianers und einer Finnin geboren, wuchs in Nigeria auf und arbeitet heute in London als Journalistin. Ihr Buch „Sinnliches Wissen“ erschien bereits in den USA, Großbritannien, Finnland und Spanien.

 

Sarr, Felwine: Afrotopia, Matthes & Seitz, Berlin 2019.
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/afrotopia.html

›Dunkler Kontinent‹, ›Elendsgebiet‹ oder ›Rohstofflager der Welt‹, noch immer denken und reden wir über Afrika in Stereotypen. Und noch immer ist der Maßstab, mit dem wir den Zustand und die Perspektive des Kontinents beurteilen, das Entwicklungsmodell des Westens, selbst wenn sich dieses weltweit als höchst zerstörerisch erwiesen hat. In seinem bahnbrechenden Manifest, das zugleich Analyse und Utopie ist, fordert Felwine Sarr eine wirkliche Entkolonialisierung Afrikas, indem es sich auf seine vergessenen und verdrängten geistigen Ressourcen zurückbesinnt, ohne gleichwohl den Kontakt mit der Moderne zu verleugnen. So findet sich eine Fülle kulturellen und geistigen Reichtums, die auf ein anderes, ausgeglicheneres Verhältnis zwischen den Menschen und zwischen Mensch und Natur verweist.

Die afrikanische Kulturrevolution bietet dabei auch für den Rest des Planeten dringend benötigte Ansätze, um eine bewusstere und würdevollere Zivilisation zu begründen. In 35 Jahren wird ein Viertel der Weltbevölkerung in Afrika zuhause sein – höchste Zeit, die verborgene Lebenskraft des Kontinents zu entdecken und das Zeitalter des Afrofuturismus einzuläuten.

 

Schutzbach, Franziska: Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit, München 2021.
https://www.droemer-knaur.de/buch/franziska-schutzbach-die-erschoepfung-der-frauen-9783426278581

Frauen haben heute angeblich so viele Entscheidungsmöglichkeiten wie nie zuvor. Und sind gleichzeitig so erschöpft wie nie zuvor. Denn nach wie vor wird von ihnen verlangt, permanent verfügbar zu sein. Die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach schreibt über ein System, das von Frauen alles erwartet und nichts zurückgibt – und darüber, wie Frauen sich dagegen auflehnen und alles verändern: ihr Leben und die Gesellschaft.

In unserer Gesellschaft wird Weiblichkeit gleichgesetzt mit Fürsorglichkeit. Frauen sind, ob in der Familie, in Beziehungen oder im Beruf, zuständig für emotionale Zuwendung, für Harmonie, Trost und Beziehungsarbeit – für Tätigkeiten also, die unsichtbar sind und kaum Anerkennung oder Bezahlung erfahren. Sie „schulden“ anderen – der Familie, den Männern, der Öffentlichkeit, dem Arbeitsplatz – ihre Aufmerksamkeit, ihre Liebe, ihre Zuwendung, ihre Attraktivität, ihre Zeit. Und kämpfen jeden Tag gegen emotionale und sexuelle Verfügbarkeitserwartungen.

Es sind diese allgegenwärtigen Ansprüche, die Frauen in die Erschöpfung treiben. Denn deklariert als „weibliche Natur“ – ist die geleistete Sorgearbeit meist wenig anerkannt und bleibt unsichtbar. Sie gilt ökonomisch als irrelevant und ist gerade deshalb ausbeutbar. Das Buch zeigt, dass die Verfügbarkeitsansprüche für unterschiedliche Frauen Unterschiedliches bedeuten: Ob als Mütter oder als Mädchen, ob als schwarze oder weiße Frauen, als Migrantin, Trans- oder non binäre Person, als dicke oder lesbische Frau, ob im Dienstleistungssektor, in Pflegeberufen oder in der digitalen (Selbst)vermarktung, ob als Politikerin oder Künstlerin – die Verausgabung hat unterschiedliche Ausmaße und unterschiedliche Ursachen.

Die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach wendet sich gegen ein misogynes System, das von Frauen alles erwartet und nichts zurückgibt. Und sie zeigt, welch vielfältigen Widerstand Frauen gegen die Ausbeutung ihrer Energie, ihrer Psyche und ihrer Körper leisten. Ein Widerstand, der zu einer treibenden Kraft für neue Arbeits- und Lebensweisen wird und die Welt verändert.

Ein kluger und fundierter Beitrag zu einer anhaltend aktuellen Debatte.

 

Scott, Linda: Das weibliche Kapital. München: Hanser 2020
Das weibliche Kapital – Bücher – Hanser Literaturverlage (hanser-literaturverlage.de)

Gleichberechtigung ist kein Luxusprojekt, sondern Grundlage unseres Wohlstandes – die Pflichtlektüre zum wirtschaftlichen Potential der Frauen

Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich gehört zu den drängendsten Problemen der internationalen Politik. Die Suche nach Lösungen wird stetig intensiviert – und hat doch einen blinden Fleck: die Rolle der Frauen.

„Das weibliche Kapital“ liefert die wissenschaftlichen Grundlagen für den entscheidenden nächsten Schritt. Anhand eigener Forschung, empirisch belegt und mit zahlreichen Fallbeispielen, zeigt Linda Scott, dass die Gleichstellung der Geschlechter kein Luxusprojekt des reichen Westens ist, sondern der aussichtsreichste Schlüssel zur Armutsbekämpfung. Damit schließt sie eine Lücke, die die großen Entwürfe von Thomas Piketty und Jeffrey Sachs in den vergangenen Jahren offen gelassen haben.

Linda Scott hat mit „Das weibliche Kapital“ ihr Lebenswerk vorgelegt. Die emeritierte Professorin für Entrepreneurship und Innovation an der Universität Oxford ist für ihre jahrzehntelange Forschung zur wirtschaftlichen Rolle der Frauen – der XX-Ökonomie – rund um den Globus vom Prospect Magazine zweimal unter die Top 25 of Global Thinkers gewählt worden. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit berät sie UN-Panels, Think Tanks und international tätige Unternehmen.

„Kulturzeit“-Gespräch mit der Oxford-Ökonomin Linda Scott über die wirtschaftliche Rolle der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter als Schlüssel zum Wohlstand. (20.10.2020)
Linda Scott über “Das weibliche Kapital” – ZDFmediathek

SWR2: Eva Karnofsky über Linda Scott – Das weibliche Kapital (28.09.2020) https://www.swr.de/swr2/literatur/linda-scott-das-weibliche-kapital-100.html

 

Seager, Joni: Der Frauenatlas. Ungleichheit verstehen. Bonn: bpb 2021
https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/337023/der-frauenatlas

Die Benachteiligung von Frauen in nahezu allen Lebensbereichen hält in vielen Teilen der Welt an: Diskriminierung, Unrecht, Gewalt, erzwungene Unterordnung, sexuelle Übergriffe und Ausbeutung, Kleidungsvorschriften und vieles mehr. Der Atlas zeigt, was wo in welchem Ausmaß anzuprangern ist.

Auch im 21. Jahrhundert sind weltweit Frauen von Benachteiligung und teils lebensbedrohlicher Ungleichheit in vielen Lebensbereichen betroffen. Diskriminierung, Unrecht oder Gewalt erfahren Frauen etwa bei der Pflicht, sich männlicher Autorität unterzuordnen, beim Zwang zu unbezahlter Arbeit, durch Verhütungsverbote und Sextourismus, bei verwehrter Bildung, durch Kleidungsvorschriften sowie bei Nachteilen etwa in der Gesundheitsvorsorge oder im Erbrecht.

Joni Seager, Professorin für Global Studies und Beraterin für weltweite Politikstrategien, hat Erhebungen internationaler Organisationen sowie eine Vielzahl von Untersuchungen zu 164 Infografiken und Karten verdichtet, welche die Verbreitung und das Ausmaß von Ungleichheit visualisieren. Sie illustrieren schreiende Missstände ebenso wie subtile Formen der Ausgrenzung und sparen dabei die reichen Demokratien des globalen Nordens nicht aus. Zugleich lassen sie erkennen, auf welchen Feldern Fortschritte erzielt wurden und wo weiterhin dringender Handlungsbedarf besteht, um die Gleichheit der Geschlechter bei Rechten und Chancen zu erlangen.

 

 

Segato, R.: Femizid. Der Frauenkörper als Territorium des Krieges, Münster 2022.
https://www.beck-shop.de/segato-femizid/product/33570021

In den vergangenen Jahrzehnten, die von Neoliberalismus und einem zunehmend autoritären Wandel der Gesellschaften und Regierungen geprägt waren, hat die weltweite Gewalt gegen Frauen drastisch zugenommen. Die seit 1993 andauernden systematischen Frauenmorde in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez sind dabei nur die Spitze des Eisbergs – in ganz Mexiko fielen 2019 mehr als 3.800 Frauen männlicher Gewalt zum Opfer. Die argentinische Anthropologin Rita Segato spricht angesichts derartiger Beispiele von einem »globalen Krieg gegen Frauen«. Um diese neue, extrem gewaltsame Wendung des Patriarchats zu verstehen, müssten solche Taten aus dem Privaten in die politische Öffentlichkeit geholt werden. Segato fordert, Frauenmorde nicht länger in privaten und sexuellen Kategorien zu betrachten, sondern vielmehr als systembedingte Feminizide zu benennen, die über die Erniedrigung von Frauenkörpern den Herrschaftsanspruch von Männerbünden formulieren und kommunizieren sollen. Ihrer Ansicht nach wird es nur durch eine Wiederbelebung und Re-Politisierung der Kommunen und Gemeinschaften gelingen, diesen global stattfindenden Femi-geno-zid zu stoppen. Es geht der Autorin mit ihrer Intervention nicht nur um eine Beschreibung der Realität und eine theoretische Auseinandersetzung mit alten und neuen Begriffen, sondern gleichermaßen darum, konkrete Handlungsmöglichkeiten vorzuschlagen und gesellschaftliche Gegenwehr zu entwickeln.

 

Sharpe, Christina: In the Wake On Blackness and Being, Duke University Press, Durham 2016.
https://www.dukeupress.edu/in-the-wake

In this original and trenchant work, Christina Sharpe interrogates literary, visual, cinematic, and quotidian representations of Black life that comprise what she calls the “orthography of the wake.” Activating multiple registers of “wake”—the path behind a ship, keeping watch with the dead, coming to consciousness—Sharpe illustrates how Black lives are swept up and animated by the afterlives of slavery, and she delineates what survives despite such insistent violence and negation. Initiating and describing a theory and method of reading the metaphors and materiality of “the wake,” “the ship,” “the hold,” and “the weather,” Sharpe shows how the sign of the slave ship marks and haunts contemporary Black life in the diaspora and how the specter of the hold produces conditions of containment, regulation, and punishment, but also something in excess of them. In the weather, Sharpe situates anti-Blackness and white supremacy as the total climate that produces premature Black death as normative. Formulating the wake and “wake work” as sites of artistic production, resistance, consciousness, and possibility for living in diaspora, In the Wake offers a way forward.

 

Shimizu, Maki: Über Leben, Berlin 2021.
https://www.jajaverlag.com/%C3%BCber-leben/

Eine gnadenlose Graphic Novel über die Gnade.
Maki Shimizus vierte Comic-Veröffentlichung im Jaja Verlag hat es in sich. Allein schon diese gewichtigen Themen, denen sich die Comiczeichnerin mutig und völlig ohne rosarote Brille stellt: Es geht um Tod und Mord, um Gentrifizierung und Obdachlosigkeit, um Traumata und Prostata, um häusliche Gewalt und Kindesmissbrauch, schlussendlich aber auch um Liebe und Tiefe.
Es sind die schlimmen Schattenseiten des Lebens, die Maki Shimizu in „Über Leben” (über)zeichnet und es sind die existentiellen, meist gesellschaftlich ausgeklammerten Probleme, denen sie sich mit viel Empathie annimmt und dabei einen spannenden Comic-Krimi erzählt. Mit weicher und harter Bleistiftzeichnung fängt sie die schweren Themen nuanciert, unverblümt und doch sanft ein.

Die beiden Hauptpersonen kennen wir schon aus den Bänden Adagio 1-3 (die man nicht gelesen haben muss, um diese Geschichte zu verstehen), es sind die Freunde Maki-Maus und der Kater Adagio. Jetzt lernen wir ihre neue Ateliergemeinschaft kennen und dort beginnen die existentiellen Probleme zunächst mit einer drastischen Mieterhöhung.

Der Konflikt mit dem neuerdings im Haus lebenden maximal unsympathischem Vermieter, Herrn Bohne, kocht schnell hoch und wie die Freunde herausfinden, steckt da noch viel mehr dahinter.  Außerdem gibt es auch noch eine Frau Bohne, die irgendwie falsch ist, und die Tochter Soja, die ganz wunderbar süß ist. Und auch Hausmeister Robbe – Typ „schnoddriger Berliner” – spielt eine Rolle, aber auf welcher Seite steht er?

Maki Shimizu hat mit „Über Leben” eine bemerkenswerte  und herzergreifende Graphic Novel über das Leben geschaffen, mit wohlportioniertem feinem Humor und meisterhafter Zeichenkunst.

 

Shparanga, Olga: Die Revolution hat ein weibliches Geschlecht, Berlin: Suhrkamp 2021.
https://www.suhrkamp.de/buch/olga-shparaga-die-revolution-hat-ein-weibliches-gesicht-t-9783518127698

Eine Freiheitsbewegung in Europa – weiblich, friedlich, postnational

Minsk im Sommer 2020. Eine junge Frau im ärmellosen weißen Hemd tänzelt vor einer schwarzen Mauer aus martialisch vermummten Sondereinsatzkräften: Bilder wie diese gingen um die Welt. Der Brutalität des Regimes setzen Hunderttausende mutige Bürgerinnen und Bürger aller gesellschaftlicher Schichten Gewaltfreiheit, kreative Vielfalt und dezentrale Selbstorganisation entgegen.

Was sich seit den Präsidentschaftswahlen am 9. August 2020 in Belarus abspielt, geht über eine regionale Protestbewegung gegen gefälschte Wahlen weit hinaus. In Minsk und vielen anderen Städten des weithin unbekannten Landes zwischen Russland und der EU wird Geschichte geschrieben. Weiblich, friedlich, postnational – so charakterisiert die Autorin die Umwälzung in ihrem Land und stellt die Ereignisse in den Kontext europäischer und globaler Emanzipationsbewegungen.

Olga Shparaga, geboren 1975, lehrt Philosophie am European College of Liberal Arts in Minsk. Sie ist Mitglied der feministischen Gruppe des Koordinationsrats, des politischen Organs der Opposition gegen den Diktator Alexander Lukaschenko.

 

Stokowski, Margarete: Untenrum frei, Hamburg: Rowohlt 2018.
https://www.rowohlt.de/autor/margarete-stokowski-18163

In „Untenrum frei“ erzählt die Autorin und Spiegel-Online-Kolumnistin Margarete Stokowski, wie es ist, als Mädchen in Deutschland aufzuwachsen. Sie schreibt von unzulänglichem Aufklärungsunterricht, von Gewalterlebnissen, von Sex und von Liebe und zeigt: Noch immer besteht mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit eine kollektive Schieflage. Für Veränderung im Großen, so Stokowskis These, bedarf es den Blick auf die Details. Ein persönliches, provokantes und befreiendes Buch.

Margarete Stokowski, geboren 1986 in Polen, lebt seit 1988 in Berlin. Sie studierte Philosophie und Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und arbeitet als freie Autorin. Ihre wöchentliche Kolumne „Oben und unten“ erscheint seit 2015 bei Spiegel Online. 2019 wurde sie für ihre Texte mit dem Kurt-Tucholsky-Preis ausgezeichnet. „Untenrum frei“, ihr Debüt, avancierte zu einem Standardwerk des modernen Feminismus.

 

Stoverock, Meike: Female Choice. Vom Anfang und Ende der männlichen Zivilisation, Stuttgart: Klett-Cotta 2021.
https://www.klett-cotta.de/autor/Meike_Stoverock/138707

Wie Männer sich die Macht über Frauen nahmen und warum das jetzt aufhört

In der Natur kontrollieren Weibchen den Zugang zu Sex. Die Biologie nennt das FEMALE CHOICE. Bis zur Sesshaftwerdung galt das auch für den Menschen. Doch dann schufen die Männer eine Zivilisation unter Ausschluss der Frauen. Doch die finden langsam zu ihrer natürlichen Stärke zurück. Uralte Geschlechterverhältnisse sind endlich in Bewegung. Die Zeit ist reif, das Zusammenleben von Frauen und Männern neu zu denken.

„Wo und wann nahm die Ungleichheit der Geschlechter ihren Anfang? Über dieses Buch wird debattiert und gestritten werden! Das ist gut, denn dann müssen es viele Menschen lesen!“ Petra Hartlieb

FEMALE CHOICE ist ein Fachterminus aus der Biologie, der die Fortpflanzungsstrategie der allermeisten Lebewesen beschreibt. Hierbei müssen Männchen eine Leistung erbringen, um sich mit einem Weibchen zu paaren. Denn für das Weibchen ist Fortpflanzung viel aufwendiger. Sie ist wählerisch, er anspruchslos. Er geht auf Masse, sie auf Klasse. Er konkurriert, sie entscheidet.

Doch im Laufe der Geschichte unserer Zivilisation hatten die Frauen bisher kaum eine Wahl. Mit der Landwirtschaft wurden die Menschen sesshaft und die Frauen aus der Öffentlichkeit ins private Heim gedrängt. Erst seit – evolutionsbiologisch – sehr kurzer Zeit können Frauen die Welt mitgestalten. Und nun gerät die männliche Ordnung ins Wanken.

Überall formiert sich männlicher, zum Teil gewaltbereiter Widerstand. Was nun? Klug, provokant und anschaulich beschreibt Meike Stoverock nicht nur, wo die Menschheit vor über 10 000 Jahren falsch abgebogen ist, sondern auch, was sich ändern muss, damit Männer und Frauen eine gemeinsame Zukunft haben.

Meike Stoverock studierte Biologie mit Schwerpunkt Evolutionsökologie und promovierte im Bereich Epidemiologie. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt sind ihr besonderes Steckenpferd. Seit der #Aufschrei-Aktion 2013 beteiligt sie sich immer wieder an Geschlechter- und Gesellschaftsdebatten.

 

Thiong’o, Ngugi wa: Afrika sichtbar machen. Essays über Dekolonisierung und Globalisierung, München 2019.
https://unrast-verlag.de/afrika-sichtbar-machen-detail

Seit über sechzig Jahren schreibt Ngugi wa Thiong’o, der 2019 mit dem renommierten Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis geehrt wurde, über die Geschichten, Herausforderungen und Zukunftssaussichten Afrikas, insbesondere seines Heimatlandes Kenia. In seinem Werk, das Theaterstücke, Romane und Essays umfasst, erzählt Ngugi von der Ungerechtigkeit kolonialer Gewalt und dem diktatorischen Verrat der Entkolonialisierung, vom Streben nach wirtschaftlicher Gleichheit angesichts der großen Ungleichheit und nicht zuletzt von seinem Kampf für Freiheit und die anschließende Inhaftierung.

Ngugis Romane haben große Anerkennung gefunden, seine politischen Essays hingegen – obwohl ebenso brillant – kennen die wenigsten. Nach Moving the Centre und Dekolonisierung des Denkens legt Ngugi mit Afrika sichtbar machen nun einen weiteren Essayband vor, der verschiedene Vorträge und Texte thematisch vereint.

In dem sehr persönlich und gut lesbar geschriebenen Buch geht es um Afrikas Stellung in der dekolonisierten und globalisierten Welt, um die Nachwirkungen der Sklaverei, um politische Kämpfe in einer Ära des entfesselten Kapitalismus, um die Rolle der Kulturschaffenden und Intellektuellen in afrikanischen Gesellschaften sowie um die Aussichten auf eine gerechte und friedvolle Zukunft. In einer Zeit, in der Afrika in den Diskussionen über die Globalisierung weitgehend ignoriert wird, wird Afrika sichtbar machen zur Pflichtlektüre.

 

Thomas, Angie: The Hate U Give, cbt Verlag, München 2018.
https://www.penguinrandomhouse.de/ebook/The-Hate-U-Give/Angie-Thomas/cbj-Jugendbuecher/e509014.rhd?rhcampaignid=PRHVG_Dynamisch_Verlage&gclid=Cj0KCQiAqbyNBhC2ARIsALDwAsDBegt5YAwNGtPJWPOXElOdxZwmgJ4wiosQLMW0Sq_vJxgBOym6uLcaAimxEALw_wcB

»Umwerfend und brillant, ein Klassiker!« Bestsellerautor John Green

Die 16-jährige Starr lebt in zwei Welten: in dem verarmten Viertel, in dem sie wohnt, und in der Privatschule, an der sie fast die einzige Schwarze ist. Als Starrs bester Freund Khalil vor ihren Augen von einem Polizisten erschossen wird, rückt sie ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Khalil war unbewaffnet. Bald wird landesweit über seinen Tod berichtet; viele stempeln Khalil als Gangmitglied ab, andere gehen in seinem Namen auf die Straße. Die Polizei und ein Drogenboss setzen Starr und ihre Familie unter Druck. Was geschah an jenem Abend wirklich? Die Einzige, die das beantworten kann, ist Starr. Doch ihre Antwort würde ihr Leben in Gefahr bringen…

 

Tolokonnikowa, Nadja: Anleitung für eine Revolution, München/Berlin: Hanser 2016.
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/anleitung-fuer-eine-revolution/978-3-446-24774-1/?PTBUCH=BUCH

Nadja Tolokonnikowa von Pussy Riot ermutigt uns zum Protest für Freiheit und Menschenrechte

Mit zehn Jahren wird Nadja Tolokonnikowa Feministin, mit sechzehn Philosophiestudentin, mit einundzwanzig Mitbegründerin der Band Pussy Riot. Mit ihrem Punk-Gebet macht die Gruppe die Welt 2012 auf die Verquickung von Kirche und Staatsmacht in Russland aufmerksam.

Als Putins Richter sie verurteilen, nutzt sie die Bühne des Gerichts für eine Verteidigung der Freiheit und der Menschenrechte. Und während ihr Land sich der autokratischen Herrschaft ergibt, beharren sie und ihre Mitstreiterinnen darauf, dass Widerstand möglich ist.

„Anleitung für eine Revolution“ erzählt Nadja Tolokonnikowas Geschichte, und zugleich ist es ihr Manifest. Es handelt vom Kampf gegen ein System, in dem nur frei ist, wer sich anpasst.

Nadeschda Tolokonnikowa (geboren 1989) wuchs in Norilsk auf, einem der am schlimmsten umweltbelasteten Orte der Welt. Mit sechzehn Jahren begann sie ihr Philosophiestudium in Moskau, wo sie sich der künstlerischen Avantgardeszene anschloss und die Bewegung Pussy Riot mitbegründete.

Nach dem „Punk-Gebet“, mit dem Pussy Riot die enge Verflechtung von Kirche und Staat in Russland kritisierten, wurde sie 2012 zu zwei Jahren Haft im Straflager verurteilt. Seit ihrer Freilassung engagiert sich die Politaktivistin für menschlichere Bedingungen im russischen Strafvollzug. Nadeschda lebt mit ihrem Mann und ihrer siebenjährigen Tochter in Moskau.

 

Vergès, Françoise: Dekolonialer Feminismus, Passagen Thema, Wien 2020.
https://www.passagen.at/gesamtverzeichnis/neu-erschienen/dekolonialer-feminismus/

„Dekolonial heißt, sich anzuschauen, inwieweit die Gesellschaft strukturell rassistisch und sexistisch bleibt, was sehr oft zusammengeht.“

Das dekoloniale Denken von Françoise Vergès ist intersektional. Vor dem Hintergrund des Weiterlebens der kolonialen Ideologie in den westlichen Gesellschaften kämpft es gegen Sexismus, Rassismus, Kapitalismus und Imperialismus. Es greift zurück auf die Bewegungen und Kämpfe der 1960er- und 1970er-Jahre, insbesondere auf den Black feminism, um an die utopische Kraft des Feminismus anzuknüpfen und an eine Einbildungskraft, die eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft zu tragen vermag. Weil der weiße bürgerliche Feminismus sich dem Kapitalismus andient, ruft die Autorin eindringlich dazu auf, dem Feminismus aufs Neue den Atem einer Bewegung einzuflößen, die soziale Gerechtigkeit, Würde und Achtung zum Ziel hat und einer Politik des Todes eine Politik des Lebens entgegensetzt.

 

Walden, Tillie: Auf einem Sonnenstrahl, Berlin: Reprodukt 2021.
https://www.reprodukt.com/Produkt/graphicnovels/auf-einem-sonnenstrahl/

Die junge Comic-Künstlerin Tillie Walden schickt eine weiblich-genderfluide Crew auf einen Selbsterkundungstrip bis ans Ende der Galaxie. (…) In diesem entrückten ozeanischen Universum wandeln die Menschen ohne Raumanzug durch die Schwerelosigkeit – allesamt Frauen oder zumindest nicht eindeutig Männer.

Ganz selbstverständlich haben sie zwei Mütter, keine Väter: Ob sich das Konzept Männlichkeit evolutionär erledigt hat, die Männer zum Mond geschossen wurden oder nur zufällig nicht vorkommen [wie im Patriarchat vielfach Frauen unsichtbar bleiben; Anm. der COP-Redaktion], bleibt so unerklärt wie die Tatsache, dass niemand eine Flasche braucht zum Atmen. (…)

Gerade weil Männer in der Geschichte völlig fehlen, öffnet sich ein weiter Raum für das Ausmalen unterschiedlichster Frauenrollen. (…) Ein Raum für weibliche und queere Identitäten. (…) Waldens Abenteuergeschichte will kein Statement zur heißlaufenden Debatte um Geschlechter- und Identitätsfragen sein. Dafür interessiert sich ihre Schöpferin zu sehr für die individuellen Nöte und Talente ihrer Crew. (…)

Tillie Walden inszeniert eine in den denkbar größten Maßstab projizierte Innerlichkeit, wie sie typisch ist für die Turbulenzen des Coming-of-Age.
Zitiert aus einer Rezension von Christian Staas in: Die Zeit, 03.08.2021
https://www.zeit.de/2021/32/tillie-walden-comic-roman-kunst-queerness?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F

 

Weyhe, Birgit: Rude Girl, Berlin 2022.
https://www.avant-verlag.de/comics/rude-girl/

In Zeiten der Globalisierung können wir uns überall hinbewegen, von überall arbeiten, überall leben – gesetzt den Fall, wir haben die passende Hautfarbe, ausreichend Bildung und am wichtigsten: den richtigen Pass. Im Rahmen eines Austauschprogramms unterrichtete die weiße Birgit Weyhe aus Deutschland an einem US-College. Während einer Tagung amerikanischer Germanist*innen im Mittleren Westen wird sie mit dem Vorwurf der kulturellen Aneignung konfrontiert. Nutzt sie ihre Privilegien als weiße Autorin aus, wenn sie Geschichten über Schwarze Menschen erzählt?

Sie lernt Priscilla Layne, eine afroamerikanische Germanistik-Professorin mit karibischen Wurzeln kennen. Sie ist ein „Oreo“: zu weiß für die Schwarzen Mitschüler*innen und für die Weißen ist ihre Haut zu dunkel. Sie beschließt gegen alle und alles gleichzeitig zu rebellieren, indem sie sich in ihrer Jugend der Skinhead-Bewegung anschließt und zu einem Rude Girl wird.

Aber wie soll Birgit Weyhe eine Lebensgeschichte wie diese erzählen? Welche Fehler gilt es zu vermeiden? Das erzählerische Konstrukt selbst wird zu einer eigenen Erzählebene in dieser Biografie.

Birgit Weyhe ist 2022 als beste deutschsprachige Comic-Künstlerin in Erlangen mit dem Max und Moritz-Preis ausgezeichnet worden. Die Jury des Hamburger Literaturpreises hat Birgit Weyhes “Rude Girl” für die Shortlist des Buch des Jahres ausgewählt.

 

Wiedemann, Carolin: Zart und frei, Berlin: Matthes & Seitz 2021.
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/zart-und-frei.html

Es gibt derzeit kaum ein Thema, mit dem sich so viel Hass mobilisieren lässt wie mit Genderpolitik. Das Ressentiment reicht vom Spott über das Gendersternchen bis zu den Manifesten rechtsradikaler Terroristen. Carolin Wiedemann zeigt in ihrer eindringlichen Analyse, dass der antifeministische Diskurs ein zentrales Element des politischen Rechtsrucks ist – und bis in die politische Linke Sympathisanten hat.

Dagegen hilft keine individualisierte Verweigerung und auch kein neoliberales Durchschlagen, sondern nur kollektive queerfeministische Praxis. Die Autorin stellt neue (antipatriarchale) Beziehungs- und Verhaltensweisen wie Co-Parenting und Post-Romantik vor, mit denen schon vielerorts ein zarter Umgang miteinander erprobt wird, der auch jene befreien wird, die noch immer unter Druck stehen, ihre Männlichkeit zu beweisen.

Eine radikale Analyse der Gewalt heutiger patriarchaler Herrschaft, eine Anstiftung zum rebellischen und zärtlichen Miteinander und ein Mutmacher für all jene, die sich seit Langem mit sexistischen Geschlechterverhältnissen auseinandersetzen, sie bekämpfen und ihnen im Alltag doch so oft nicht entkommen.

„Carolin Wiedemann analysiert eindrucksvoll, warum es sich lohnt, für ein besseres Leben für alle dem Patriarchat den Kampf anzusagen – gerade in Zeiten des Rechtspopulismus eine unverzichtbare Lektüre.“ Anna Mayrhauser

„Eine beeindruckende und dringliche Analyse des Zusammenhangs von Antifeminismus und Gewalt heute – und eine Handreichung, was gegen beides zu tun ist.“ Klaus Theweleit

 

Young, Iris Marion: Werfen wie ein Mädchen. Ein Essay über weibliches Körperbewusstsein, Deutsche Erstausgabe. Ditzingen: Reclam 2021.
https://www.reclam.de/detail/978-3-15-961774-9/Young__Iris_Marion/Werfen_wie_ein_Maedchen__Ein_Essay_ueber_weibliches_Koerperbewusstsein__EPUB_

„Das ist zu gefährlich für dich! Mach dich nicht schmutzig!“ Erziehungsgrundsätze wie diese sorgen dafür, dass Mädchen eine körperliche Zurückhaltung entwickeln. Doch warum werden Mädchen so häufig konditioniert, ihre Körper als derart zerbrechlich zu empfinden? Und wie wird Körperwahrnehmung gesellschaftlich konstruiert, und zwar auch jenseits der Sphäre der Erziehung?

Iris Marion Youngs Aufsatz gilt als Klassiker der feministischen Theorie. Die Politikwissenschaftlerin macht auf die empirischen Unterschiede männlichen und weiblichen Körperverhaltens aufmerksam und lenkt den Blick auf geschlechtsbedingte Ungerechtigkeiten, die noch heute der Überwindung harren.

Iris Marion Young (1949–2006) war Professorin für Politikwissenschaft an der University of Chicago. Zahlreiche Arbeiten zur feministischen Theorie sowie Beiträge zur Philosophie der Gerechtigkeit und zur Demokratietheorie.

 

Zakaria, Rafia: Against White Feminism. Wie weisser Feminismus Gleichberechtigung verhindert, Berlin 2022.
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/against-white-feminism/978-3-446-27323-8/

Seit Beginn der Frauenbewegung gibt eine bestimmte Art Frauen den Ton an: bürgerliche Frauen aus westlichen Nationen, die vor allem eins sind – ‘weiß’. Doch während sie in Vorstandspositionen aufsteigen, bleibt politische Unterstützung für alle anderen Frauen aus.
Rafia Zakarias brillante Polemik enthüllt das rassistische Erbe der Frauenbewegung. Sie zeigt, wie der Wunsch nach Gleichberechtigung auf Vorurteilen und Ausbeutung fußt und wie ein gemeinschaftlicher Kampf für politische Teilhabe aussehen kann.

F I L M E

Antonias Welt
https://www.alamodefilm.de/medium/detail/antonias-welt.html

Regie: Marleen Gorris
Hauptrolle: Willeke van Ammelrooy

Grandiose Familiensaga um das Schicksal von vier Frauengenerationen, ausgezeichnet mit dem Auslands-Oscar 1996. Unverändert mein ganz persönlicher Top-Film zum Thema „Rape-Revenge“: Hier stellt sich die Protagonistin in gleich zwei folgenden Generationen hinter ihre Tochter bzw. Enkelin, die sexualisierte Gewalt erfahren. Durch ihr gleichermaßen gewaltfreies wie machtvolles Agieren bewirkt sie die angemessene Bestrafung des Täters.

Vierzig Jahre bewegtes, ereignisreiches Leben der selbstbewussten, von Männern unabhängigen Antonia, deren Hof zu einem Auffangbecken für Außenseiter und schrullige Individuen wird. Am Tag ihres Todes blickt die ausgebrannte Sterbende zurück und lässt die Erinnerungen an Tochter, Enkelin, Urenkelin und deren selbstbestimmte Entwicklung Revue passieren.

„Antonias Welt“ erzählt die Lebensgeschichte von Antonia und ihren – weiblichen- Vorfahren. Eine ungewöhnliche Familiensaga, eine matriarchale Utopie in unserer Zeit, erzählt mit einer wunderbaren Leichtigkeit, voller Witz und Melancholie. Ein Film über starke Frauen, Liebe und Toleranz, Lebenslust und Menschlichkeit.

„Kraftvolle, vitale Familiensage über vier Generationen, die Geschichte einer unabhängigen Frauendynastie, mythische Utopie und provozierendes Gegenbild in einem, durch dessen märchenhaft-erzählerischen Charakter wichtige Grundanliegen der Emanzipationsbewegung anschaulich ins Gedächtnis gerufen werden.“ (Filmdienst)

Marleen Gorris’ Welt. Alice Schwarzer über die Regisseurin in der EMMA vom 01.06.1996
https://www.emma.de/artikel/marleen-gorris-welt-265591

 

The Case you

Regie: Alison Kuhn
Deutscher Dokumentarfilmpreis 2021 – Gewinner in der Kategorie Kultur
https://www.swr.de/swr-doku-festival/gewinner-in-der-kategorie-kultur-the-case-you-100.html

Fünf Schauspielerinnen haben an einem Casting teilgenommen, bei dem es zu sexuellen und gewaltsamen Übergriffen kam. In einem geschützten Raum ergründen die jungen Frauen gemeinsam, was damals geschah und was die Geschehnisse für ihre Gegenwart bedeuten.

„Ein Probenraum, fünf junge Frauen, zum Teil haben sie einander lange nicht gesehen. Was sie verbindet, ist eine Erfahrung, die sie lieber vergessen würden und nun vor der Kamera besprechen. Was junge Schauspielerinnen und Schauspieler beim Casting durchmachen, bleibt meist diffus. Irgendwie spukt die Besetzungscouch in den Köpfen und die Vorstellung, auf die Rolle zu verzichten, sei doch eine Option gewesen.
Was Alison Kuhn hier sehr junge Schauspielerinnen in ‚The Case you‘ schildern lässt, ist dann ernüchternd klar. Erst denkt man: Ein Massencasting, was kann da schon passiert sein? Eine ganze Menge. Es ging um die Rolle einer 15-Jährigen in einem Film über Missbrauch, und die Bewerberinnen wurden einem Regisseur, einer Produzentin, älteren Schauspielern ausgeliefert:
Die fünf schildern, wie sie in ein Spiel hineingedrängt wurden, bei dem bald nicht mehr erkennbar war, wo der Ernst anfängt – vom Regisseur, der Produzentin, anderen, viel erfahreneren Schauspielern, Namen werden nicht genannt. Dann erzählen sie, dass diese alte Geschichte aktuell bleibt, weil die nackten Seelen und Körper dabei gefilmt wurden und dann in einem Dokumentarfilm landeten – besser kann man Machtmissbrauch kaum erklären.“ Susan Vahabzadeh in der Süddeutschen Zeitung vom 05.05.2021
https://www.sueddeutsche.de/kultur/dokumentarfilm-dokfest-film-tipps-1.5284330

Regisseurin Alison Kuhn im Gespräch mit Sigrid Faltin
https://www.swr.de/swr-doku-festival/dokumentarfilm-the-case-you-interview-mit-der-regisseurin-alison-kuhn-100.html

 

Promising Young Woman

Regie: Emerald Fennell
Hauptrolle: Carey Mulligan

„Der Kino-Thriller ‚Promising Young Woman‘ erzählt von sexueller Gewalt gegen Frauen. Hauptdarstellerin Carey Mulligan gibt eine souveräne Rächerin. (…) In der Filmhistorie wurde Rape-Revenge (wie alles andere) meist von Männern inszeniert. (…) Die britische Regisseurin Emerald Fennell hat mit ihrem selbst geschriebenen (und mit einem Drehbuchoscar prämierten) Debüt ‚Promising Young Woman‘ einen gnadenlosen und exzeptionellen Film gedreht. Gnadenlos, weil sie dem Verhalten der Männer keinerlei Absolution erteilt: ‚Ich bin ein netter Kerl‘, winselt einer, nachdem Cassie ihn zur Rechenschaft gezogen hat. Nett – und enorm übergriffig. Eine Minute zuvor hat er versucht, der regungslosen Frau Koks ins Zahnfleisch zu reiben …
https://taz.de/MeToo-Thriller-Promising-Young-Woman/!5788424/

Rachefeldzug gegen sexualisierte Gewalt. Rezension von Bettina Peulecke: NDR 18.08.2021
Es ist das Regie-Debüt von Emerald Fennell: „Promising Young Woman“ wird gern als „#MeToo-Rache-Thriller“ beschrieben. Die 35-jährige Britin erhielt für das Drehbuch einen Oscar.
Filmtipp: “Promising Young Woman” mit Carey Mulligan | NDR.de – Kultur – Film – tipps

Einmal Rache, kalt und pink. Rezension von Maria Wiesner: FAZ.net 19.08.2021
Oscarpreisträgerin Emerald Fennell gießt Zucker ins „Rape-and-Revenge“-Genre. Im Thriller „Promising Young Woman“ lässt sie Carey Mulligan mit den Folgen einer Vergewaltigung kämpfen.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kino/neu-im-kino-carey-mulligan-als-racheengel-in-promising-young-woman-17490640.html

 

 

Inspired by COP-Coaching Birgitt E. Morrien: 55 Erfahrungsberichte aus erster Hand über das Coaching mit DreamGuidance

Schreibe einen Kommentar