„Ich weiß, dass sich viele Probleme auch dadurch lösen, dass ich nichts tue“, schreibt Antoine de Saint-Exupéry in einer Art kleiner Lehre über die Kunst der kleinen Schritte. „Es geht dem berühmten Piloten und Poeten darin um die nötige Wachsamkeit, das Leben bewusster wahrzunehmen, um sich nicht im rastlosen Tun selbst zu verlieren“, meint Birgitt Morrien, die damit heute innehält.
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Eine Art Anrufung
nach Antoine de Saint-Exupéry:
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Ich bitte nicht um Wunder und Visionen, Ewige, sondern um die Kraft für den Alltag.
Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte.
Ich bitte um die Kraft für das rechte Maß, dass ich nicht durch das Leben rase, sondern den Tageslauf bewusst wahrnehme, auf Lichtblicke und Höhepunkte achte und Raum finde für Augenblicke der Stille.
Lass mich erkennen, dass Grübeln nicht weiterhilft, weder über die Vergangenheit noch über die Zukunft.
Hilf mir, das Nächste so gut wie möglich zu tun und die jetzige Stunde als die wichtigste zu erkennen.
Bewahre mich vor der Erwartung, es müsste im Leben alles glattgehen. Schenke mir die Erkenntnis, dass Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge und sogenannte Rückschläge eine hilfreiche Zugabe zum Leben sind, durch die wir wachsen und reifen.
Schicke mir im rechten Augenblick jemanden, der den Mut hat, mir die Wahrheit in Lieb zu sagen, und lass mich Deine Wahrheit aus meinem Innersten hören.
Ich weiß, dass sich viele Probleme auch dadurch lösen können, dass ich nichts tue. Zeige mir, wo ich warten soll, und gib mir die Geduld und das Vertrauen dazu.
Du weißt, wie sehr wir der Freundschaft bedürfen. Gib, dass ich diesem schönsten, riskantesten und zartesten Geschäft des Lebens gewachsen bin.
Verleihe mir die nötige Wachsamkeit, im rechten Augenblick ein Päckchen Güte – mit oder ohne Worte – an der richtigen Stelle abzugeben.
Mach aus mir einen Menschen, der einem Schiff mit Tiefgang gleicht, um die zu erreichen, die unten* sind.
Bewahre mich vor der Angst, ich könnte das Leben versäumen. Gib mir nicht, was ich mir wünsche, sondern, was ich brauche.
Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte.
Lass mich jeden Tag Dich in mir spüren. So können auch die anderen Dich durch mich erfahren und fühlen, dass Du in uns allen bist, bei jedem kleinen Schritt.
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*Anmerkende Frage an den bereits verstorbenen Lyriker: „unten“ kann viel bedeuten, meine Lektorin liest darin darin, dass der Poet „oben“ ist – um im Bild zu bleiben, ist er das Schiff und die anderen sind ertrunken? Was ist hier gemeint, welche Menschen sind gemeint?
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Klienten berichten über ihre Coaching-Erfahrung bei Birgitt Morrien:
40 Fallgeschichten aus erster Hand
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“Mach aus mir einen Menschen, der einem Schiff mit Tiefgang gleicht…” –
Den Schiffsverkehr auf dem Rhein vor Augen scheint mir eines klar: Schiffe mit Tiefgang sind stets beladene Schiffe. Die “Leeren” ragen hoch hinaus. Der Rest der Bitte entspricht meines Erachtens der Logik der Empathie: Wer selber erfahren hat, wie sich die Last des Lebens anfühlen kann, ist eher dazu in der Lage und/oder dazu bereit, denen nahe zu sein – sie also innerlich zu “erreichen” -, die sich unten fühlen. Insofern schließen sich die folgenden Bitten logisch an: “Bewahre mich vor der Angst, ich könnte das Leben versäumen. Gibt mir nicht, was ich mir wünsche, sondern, was ich brauche.” An Verstorbene oder gar Ertrunkene zu denken – dafür bietet Exupérys Gebet meines Erachtens keinerlei Hinweis.