Karriere: Richtig entschieden zum richtigen Zeitpunkt

Schöne Aussicht

Sina Vogt:

Ich bin gerne selbstständig. Und ich arbeite gerne selbstständig. Nach dem (geisteswissenschaftlichen) Studium habe ich direkt freiberuflich gearbeitet, fünf Jahre lang und die letzten zwei davon ohne Kellnern nebenher. Als Journalistin habe ich vor allem Fernsehbeiträge gemacht. Dann bin ich fünf Jahre in die Festanstellung gegangen, als Pressesprecherin erst bei amnesty international und dann im Unfallkrankenhaus Berlin. Mit meiner Rückkehr ins Rheinland habe ich mich dann wieder selbstständig gemacht, kein Fernsehen mehr, sondern PR und Journalismus, als Autorin und Moderatorin. 

Nach einem Jahr Selbstständigkeit war ich reif fürs Coachen. Das erste halbe Jahr meiner zweiten Selbstständigkeit war gut angelaufen. Ich hatte zwei größere Auftraggeber in Sachen PR-Texte und Redaktion, einige kleine, mit Überbrückungsgeld kam eine runde Summe zusammen, genug zum Leben. Dann kam der Einbruch an Aufträgen – und an Einnahmen. 

Nun bin ich glückliche Besitzerin von finanziellen Rücklagen. Geld fließt eben nicht immer nur da, wo die beste oder meiste Leistung erbracht wird: Für mein kleines Erbe habe ich jedenfalls nichts getan und es finanzierte mir nun schon einige Monate zu großen Teilen mein Leben, als ich mich zum Coaching entschloss. 

Mein Ziel war naheliegend: Wie kann ich in der Selbstständigkeit so viel und so angemessen bezahlte Aufträge erhalten, dass ich davon erstens meine Unkosten bestreiten kann und zweitens genug für meinen Lebensstandard und möglicherweise gar für die Rücklagenbildung bleibt. Also habe ich den Weg zum Coach gemacht, um Strategien zu finden, genussvolles Arbeiten und Geldverdienen in eine Balance zu bringen.   

 

Meine Bestandsaufnahme
Dort war meine erste Erfahrung, dass die Reflexion der eigenen Situation, des Ausgangspunktes – gemeinsam mit einem professionellen Coach – dem eigenen Tun und Wirken eine neue Wertigkeit gibt. Einmal innezuhalten und das Leben bis zu diesem Zeitpunkt zu betrachten – den Berufsweg, aber auch all die anderen Teile, vom Engagement im Frauenreferat des AStA an der Uni, dem Theaterspielen in der Freizeit, der Therapie wegen Essstörungen mit Anfang 20 und und und. – Das war die erste Aufgabe im Coaching. 

Es ist schön, einmal die eigene gesammelte Lebenserfahrung zu betrachten. Stolz zu sein und staunend die Fülle des Lebens zu betrachten. Die Freuden – und die Krisen, die ich bewältigt habe, große und kleine, private, berufliche und gesundheitliche. Diese Bestandsaufnahme ist zudem notwendig für eine realistische Standortbestimmung, die über Plattitüden sogenannter Erfolgsmotivatoren hinausgeht. Denn Erfolg, davon bin ich überzeugt, ist nicht planbar – soweit man darunter allein finanziellen Erfolg versteht, Ruhm und Sicherheit vor dem Scheitern.

Mein Coach ermutigte mich auch mit unkonventionellen Methoden. Einmal lud sie eine Ahnin von mir ein, die in imposanter Gestalt die heutige Sina in ihren Vorzügen lobte, ihre eigenen Fähigkeiten laut auszusprechen und Freude daran zu spüren, wie sehr sie sich liebt. Also wie sehr ich mich liebe. Was mich im Nachhinein an den Ausspruch meiner Mutter erinnerte, die eine Aufforderung zur Stärkung des Selbstbewusstseins im katholischen Konzept der Nächstenliebe fand: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, pflegte sie zu sagen, „das setzt voraus, dass man sich zunächst selbst liebt.“ Nun konnte ich, ihre atheistisch-agnostische Tochter, ihr vollen Herzens zustimmen. 

Überhaupt die Familie. Da waren meine Vorfahren gewesen, allesamt aus dem Hunsrück, Tagelöhner, Bauern, Dorfschmiede, Handwerker. Erst der Vater meines Vaters war als Arbeiter nach Hürth gekommen, in die Fabrik. Und erst in meiner Generation setzte das Studieren ein, fast alle meiner vielen Cousinen und Cousins sowie meine Geschwister und ich erlangten akademische Grade. Wobei ich wieder bei meiner Mutter bin – die älteste von sechs Geschwistern, diejenige mit starken Selbstzweifeln – aber laut meinen Onkeln und Tanten war sie auch die schlauste. Die berufliche Ahnenforschung war auch Bestandteil des Coachings. Mich in meiner Familientradition zu sehen hat mir geholfen, meine persönlichen Ängste besser zu verstehen und anzunehmen – und meine Stärken. 

Lektion 1 im Coaching: Ganz in Ruhe, ganz tief und nach allen Seiten spüren und verbalisieren und analysieren, woher ich komme und wie ich dahin kam, wo ich jetzt stehe. Mich selbst und meinen eigenen Weg würdigen und die Pfründe (wieder) entdecken, aus der meine Persönlichkeit, also auch meine Berufspersönlichkeit, gewachsen ist. 

Lektion 2 gleich hinterher: Ich kann mir bewusst machen, wie ich die Krisen in meinem Leben gemeistert habe, und auf diese Strategien bewusst bauen. Ich bin ausdauernd, wenn es sein muss, zäh, und ich kann mich ins Spiel bringen. 

 

Meine persönliche Vision entwickeln: Die mentale Zeitreise.
Sich berühren lassen vom Leben oder wodurch ich ganz wurde. So nannte ich im Nachhinein meine ganz persönliche Zeitreise. Ich hatte schon einmal ein Coaching gemacht, vor einigen Jahren, mit der Frage: Festanstellung oder Selbstständigkeit. Und ganz schnell kam die Frage seitens des damaligen Coachs: Wo wollen Sie in drei Jahren stehen? Und in einem? Was mich zu Schweißausbrüchen und dem Gefühl von Nebel im Kopf brachte, denn ich wusste es nicht und kam mir vor wie eine Schülerin, die die Frage des Lehrers nach dem Satz des Pythagoras nicht beantworten kann. 

Die Zeitreise auf dem Sofa liegend, geleitet von der ruhigen Stimme Birgitt Morriens, die mich als Coach sicher und unaufdringlich durch diese Reise führt, brachte da ganz andere Erkenntnisse. Zunächst wieder die der schon erlebten und geleisteten Schritte. Freude am Lernen, Genuss im versunkenen Spiel, Berührung in der Liebe, tanzend Selbstausdruck finden, Wichtiges mit meiner Stimme laut aussprechen, mich feiern lassen und die mir entgegengebrachte Wertschätzung genießen. 

Leicht war es mir nun, die Schwelle zur Zukunft zu überschreiten. Mir einen Namen machen, Erfüllung in Liebe und Arbeit, ein Fest der Freundschaft in der Neige des Lebens, unter Hochbetagten – so die Vision meiner Erfolge in der Zukunft. Und so einfach ist die Antwort nun: In einigen Jahren habe ich mir einen Namen gemacht. Bei den Leuten, die in meinem Berufsbereich arbeiten, wird mein Werk anerkannt. 

Und im nächsten Schritt sind die Zielpläne dann auch einfach: Welche Projekte bearbeite ich gerade, welche stehen in der nahen Zukunft an? Was tue ich schon dafür, welche Unterstützung und von wem muss ich dafür noch einholen, Projekt für Projekt? Lebende Pläne sozusagen, die ich im Berufsalltag fortschreiben kann, mal wirklich auf dem Papier, mal im Kopf. 

 

Das Spiel mit den Rollen
Rollenarbeit wurde für dieses Coaching nicht neu erfunden – aber auch hier gilt der Leitsatz, der mir in meinem Coaching immer wieder begegnet: Nichts Neues lernen – sondern Altes neu lernen. 

Und gerade jetzt macht es für mich sehr viel Sinn, mir die Rollen meines Lebens einmal genau anzuschauen. Die zwangsläufigen, wie Schwester, Tochter, Schülerin. Die gewählten wie Autorin, Schauspielerin und Geliebte. Die, in denen ich glänzte, die gelungenen, und die, die nun nicht so gut liefen. 

Spielerische Rollenbetrachtung führt mich zu mehr freudiger Neugier und weniger Ängstlichkeit. Während ich dies schreibe, bin ich noch ganz erfüllt von meinen beiden neuesten Rollen – als junge Witwe Elena in einem Stück nach Anton Tschechow dem Bootsmann verfallen, das hat einen Höllenspaß gemacht. Als Ghostwriterin Autobiografien toller Menschen zu verfassen ist kreative Arbeit pur. 

 

Mein persönlicher Lebensmix
Wie immer mein Weg durch die Unwägbarkeiten des Lebens sein wird – eines hat mich das Coaching gelehrt: Ich kann mich voll und ganz auf mich verlassen. Ich treffe die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Ich durchlebe Krisen und Schmerzen, ich freue mich am Leben, ich genieße das Leben. 

Und ich bin erfolgreich: Ich definiere, was mein persönliches Glück ist. Ich definiere, was richtig und falsch für mich ist, was meine soziale Verantwortung ist. 

 

Und das Geldverdienen? 
Was ein angemessenes Einkommen ist, definiere ich auch. Mein Kindheitstraum vom Millionär, dem ich das Leben rette und der meines dann finanziert, ist noch nicht in Erfüllung gegangen. So ganz bin ich von dieser Perspektive wohl selbst nicht mehr überzeugt, sonst würde ich zumindest Lotto spielen. Aber es geht aufwärts. Wenn ich das Ziel nicht erreiche, werde ich andere Geldquellen auftun müssen. Ich weiß, ich werde nicht, zumindest in absehbarer Zeit nicht, um die nackte Existenz kämpfen müssen. So viel bietet Deutschland, und das ist eine gute Grundlage. Ich setze mich für mich ein, um meine Arbeit angemessen bezahlt zu bekommen. Das ist in diesem selbstständigkeitsfeindlichen Land tatsächlich nicht immer ganz einfach, in der Medienbranche wird freiberufliche Arbeit mitunter als „Sparprogramm“ gesehen, statt als flexibel einsetzbare, aber hoch qualifizierte Arbeit. Auch das möchte ich mit meinem Tun ein wenig ändern. 

 

Was Coaching für mich bedeutet
Eine professionelle Begleitung, die mir zeigt, wo ich schon die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt auf meinem Lebensweg treffe. Die mir durch ihre richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt mithilfe von Handwerkstechniken und geschulter Intuition Stärken bewusst und konkret handhabbar macht. Damit ich in Zukunft noch bewusster, spielerischer und freudiger meine richtigen Entscheidungen treffe und zufrieden leben kann. 

 

Postskriptum 3 Jahre später

Kurz nach meinem Coaching 2007 bekam ich einen Anruf und die Einladung ins Auswahlverfahren für die neu zu besetzende Stelle einer Pressesprecherin der Uniklinik Köln. Ich nutzte die Chance, das Einzelassessment zu besuchen – welches mir dann richtig Spaß gemacht hat! Und das hat den Vorstand überzeugt, ich bekam die Stelle. So endete meine freiberufliche Zeit. 

Die Arbeit als Pressesprecherin entpuppte sich als echte Chance: Ich konnte die neue Stabsabteilung Kommunikation aufbauen, in der ich heute ein Team aus zwei festangestellten und zwei freiberuflichen Mitarbeitern sowie einem Praktikanten führe. Neben der Führungserfahrung war der gesamte Bereich der internen Kommunikation in einem Unternehmen mit 6900 Mitarbeitern für mich die größte neue Herausforderung. 

Insgesamt ist die Pressearbeit eines Krankenhauses wie einer Uniklinik eingebettet in das in Deutschland generell noch recht unterentwickelte Feld des Krankenhausmarketings als spezieller Ausformung des Dienstleistungsmarketings. Für mich als Pressesprecherin bedeutet das eine Ausweitung meiner Tätigkeit in Richtung Kommunikationsmanagement. Mitarbeiterführung, Patientenkommunikation, Internet, Pressemitteilungen – alles sind Teile einer Gesamtstrategie in der Kommunikation, intern wie extern, die analog der Unternehmensstrategie entwickelt werden muss und die Uniklinik auf ihrem Weg hin zu einer Marke für exzellente Medizin und Forschung begleitet. Bildlich gesprochen bin ich von der Spielerin der ersten Geige zur Dirigentin geworden.

Wohin mich mein Berufsweg noch führen wird, wird sich zeigen, im Moment denke ich an ein berufsbegleitendes Studium. Es wäre einfach wunderschön, noch einmal etwas „von der Pike auf“ zu lernen. Auch ist das eine Möglichkeit, wieder wissenschaftlich arbeiten und schreiben zu können. 

Die Zukunft steht vor mir als breites Feld der Möglichkeiten meiner Weiterentwicklung, die ich mit Ruhe anschaue und auswähle. Leben ist immer die Gegenwart. Letztlich sind das Erfahrungen, die ich gerade im Coaching bewusst erlebt und für mich nutzbar gemacht habe.

 

Die Autorin: 

Sina Vogt, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Uniklink Köln (2007 -2010). Seitdem freiberufliche Tätigkeit als Coach und Supervisorin. Bis 2007 freiberufliche Autorin mit den Themenschwerpunkten Menschenrechte/Todesstrafe und Gesundheit/Medizin. Genres: Sachbuch, PR-Texte, Ghostwriting und Moderationen. Lebt bei Köln und ist in ihrer Freizeit leidenschaftliche Amateurschauspielerin. 

Hinweis: Erstveröffentlichung März 2008

 

Kontakt:
www.sinavogt.eu.

 

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