In Zeiten des Wandels sind Beraterinnen und Berater gefragt. Welcher Weg führt zum Erfolg?
Kölner Management-Coach Birgitt Morrien setzt auf die intuitive Intelligenz der Träume
Wirtschaft
Abschied vom «Prinzip rationaler Verblödung»: Träumend zum Erfolg?
Von Kai Portmann, Deutsche Presse
Agentur Hamburg (dpa August 2003)
Johann Wolfgang von Goethe hatte ein Faible für das Unerklärliche. «Wir wandeln alle in Geheimnissen», schrieb der große Dichter und Denker in seinen «Maximen und Reflexionen», «wir sind von einer Atmosphäre umgeben, von der wir noch gar nicht wissen, was sich alles in ihr regt und wie es mit unserem Geiste in Verbindung steht.» Und Goethe fuhr fort: «So viel ist wohl gewiss, dass in besonderen Zuständen die Fühlfäden unserer Seele über ihre körperlichen Grenzen hinaus reichen können.»
Was bereits Goethe einst bewegte, auch seine Offenheit für noch Unfassbares, das hat die Management-Coach Birgitt Morrien aus Köln zu ihrem Programm gemacht. «DreamGuidance» nennt die 43jährige ihre Methode, die Träume dazu nutzt, verborgene Fähigkeiten und Wünsche zu erkennen und diese nicht allein im Arbeitsalltag von Firmenmanagern umzusetzen.
Morriens Credo in der vernunftbetonten Welt der Wirtschaftsführer und darüber hinaus: Schluss mit dem «Traumtabu», Abschied vom «Prinzip rationaler Veblödung».
«Die relevanten Fagen unserer Zeit beträumen»
Träume binden gegenüber dem «so genannten» Wachzustand, so argumentiert die Coaching-Expertin eine viermal größere Gehirnaktivität. Ihre Folgerung daraus: «Die relevanten Fragen unserer Zeit (müssen) nicht nur bedacht und besprochen, sondern auch beträumt werden.» Rein kognitiv ausgerichtete Methoden würden der Komplexität der Fragen nicht mehr gerecht. Ungebändigte, chaotisch wilde, unkontrollierte Traumphänomene könnten das Material sein für sinnlich erfahrbare intellektuelle Kau- und Verdauungsprozesse.
Wer Träume untersuche und ihre mehr oder weniger verschlüsselten Botschaften deute, schaffe die Möglichkeit für qualitative Entwicklungssprünge. Morriens Ansatz, über rationale und emotionale Zugänge hinaus die intuitive Intelligenz von Tag- und Nachtträumen zu nutzen, verlässt ausgetretene Pfade. Denn: «Es gibt eine zunehmende Verunsicherung in Wirtschaft und Gesellschaft, deshalb ist jeder zurückgeworfen auf sich selbst.»
Geistesverwandte lassen sich etwa im US-Coaching-Guru Tom Peters («Management in chaotischen Zeiten» ) finden oder auch in der Trainerin und Autorin Jacqueline Rieger («Das Bauchgefühl»), die dem «Bauchgehirn» eine größere Rolle bei Management-
entscheidungen geben will: «Vertrauen Sie Ihrer inneren Stimme, denn sie schöpft aus allen Ihren bisherigen Lebenserfahrungen, Gefühlen, Informationen, Wünschen, Eingebungen u.v.m.»
Dass Birgitt Morrien sich «DreamGuidance» als Konzept ihrer Beratungspraxis COP-Coaching, Organisation und PR urheberrechtlich hat schützen lassen, dürfte mit dem harten Wettbewerb und der unüberschaubaren Fülle von ebenso eingängigen wie vielfach auch platten Ratschlägen in der Coachingbranche zu tun haben. Ihre Referenzliste zieren klangvolle Namen: Firmen wie RTL, Siemens oder den TÜV, dazu Parteien, Vereine, Verbände und Kirchen. «Mir gelingt es, die Leute davon zu überzeugen, dass es kein Hokuspokus ist, was ich mache», sagt die Diplom-Kommunikationswissenschaftlerin.
Sigmund Freud stand am Anfang
Morriens Weg zum Coaching mit Träumen begann mit einem Traum: «Mein erster notierter Traum datiert von 1973, und ich hole darin mit Hilfe einer Leiter ein Bild von einem hohen Regal. Es zeigt einen Mann mit Bart und dieser Mann heißt Sigmund Freud.» Über dessen «Traumdeutung» aber, erstmals erschienen im Jahr 1900, will die Kölnerin mit ihrem DreamCoaching hinausgehen.
Denn Träume sind für sie mehr als der Ausdruck unverarbeiteter «Tagesreste», wie Freud sie sah. Träume folgen, so ist Morrien sicher, naturwissenschaftlichen Mustern etwa aus der Quantenphysik und sind raum- und zeitübergreifend. Ein Baustein ihres Konzepts: Sich in die eigene Zukunft träumen, um Schlüsse für die Gegenwart zu ziehen. «P/Review-Technik» nennt Senior Coach Morrien, die Mitglied des Deutschen Bundesverbandes Coaching DBVC* ist, ihre eigens dafür entwickelte Methode.
Vor das angeleitete Träumen in Vergangeneheit oder Zukunft aber hat Morrien «Aufwärmübungen» gesetzt. Mit kreativen Mitteln etwa der
Gestaltarbeit (…) müssen sich die Klienten erst einmal an den Kern der Beratung herantasten. «Damit präzisiere ich die Fragen», sagt die Kölnerin. Wenn sie dann ihre Schützlinge auf den Traumpfaden an die Hand nimmt, «geht es mir um die Mündigkeit», nicht um den reinen wirtschaftlichen Erfolg des Geführten.
Vom Chefredakteur zum Förster
Wie das im Extrem aussehen kann: Zu Morriens Klienten gehörte ein Chefredakteur aus der Medienwelt, ausgelaugt vom Job, ein klassischer Fall von Burn-Out. Der sah sich in einer Traumreise in seine Zukunft als Förster im Allgäu. In den Sitzungen mit Morrien kam der Chefredakteur auf die Wurzel seiner Fantasie: den Kindheitswunsch, Förster zu werden, den ihm die Familie ausgeredet hatte. Die Konsequenz: Der Mann entschied sich, seinen Chefsessel im Verlagshaus mit der Hochsitz im Wald zu tauschen – er ist nun Förster.
Menschen in Umbruchsituationen zu beraten, das ist ein Schwerpunkt der Coachingarbeit von Birgitt Morrien. In Köln hat sie (2003) vor allem mit jüngeren, einst erfolgsverwöhnten Klienten aus der Medienbranche zu tun, die nun plötzlich vor der Situation stehen, arbeitslos zu sein.
Die Arbeitsagentur der Domstadt bedient sich der Hilfe von Morrien, die ihr «DreamGuidance» auch für Gruppen anbietet.
Wie wirksam und erfolgreich das Beträumen von brennenden Fragen ist, untersucht derzeit eine Studie der Universität Hannover*. Dass die Bereitschaft, sich auf ihren ungewöhnlichen Ansatz einzulassen, bei den Klienten da sein muss, steht für Morrien fest: «Ich arbeite grundsätzlich nur mit Leuten, die sich frei dafür entschieden haben.» Denn missionieren will sie nicht.
dpa kp
Die Methode: www.dreamguidance.de (Morriens Bücher siehe >Media)
Home: www.cop-morrien.de
Blog: www.coaching-blogger.de (Mehr als 60 Coaching-Case-Studies und -Stories)
*im Originaltext wird hier auf die frühere DGSv-Mitgliedschaft verwiesen.
**ursprünglich hieß es hier "Universität Köln". Die Langzeitstudie wurde 2011 veröffentlicht.
Quelle: http://www.cop-morrien.de/downloads/dpa.pdf