Nora Bossong:
Ach Europa,
auch nur dieses kleine, gerüttelte Wiesending, Königstochter
mit einer panischen Angst vor Stieren, wer nimmt ihr das übel
nach all dem. Kriege hatte sie wie andere Leute Erkältungen.
Eine Schürze voller Länder über die Ebene geschüttelt, Babel
an jedem Grashalm errichtet, Verwaltungschaos drapiert in
Brüsseler Spitze. Ein Panoptikum aus Irren und Ehrenbürgern,
Bagatellen und bösen Geistern. Die Sumpfdotterblume wäre
die sichere Wahl, doch irgendetwas liegt uns an ihr, Europa,
dieser verschreckten Zwergin am Ende der Welt. Wir muntern
sie auf und beteuern, dass es einmal gut ausgeht mit ihr.
Nora Bossong (*1982) hat gerade mit „Kreuzzug mit Hund“ bei Suhrkamp (s.u.) einen Lyrik-Band veröffentlicht. Darauf aufmerksam gemacht hat mich das Magazin des Kölner Stadtanzeigers am vergangene Freitag mit einer (wieder einmal) sehr schön gestalteten Lyrik-Seite, den Poetinnen und Poeten dieser Welt gewidmet.
Kreuzzug mit Hund – Gedichte
Wer braucht noch Ritterromane und Soldatenlieder – die Zeit der Helden ist lang vorbei. Monumente von gestern sind heute gegen Entgelt zu betreten, im Schatten des Mausoleums liegt die Shoppingmall. In Teheran werben Kinder auf Plakaten für das Jenseits, Orient ist nur der Name eines Wiener Hotels. Please hurry, we close!, mahnt ein Soldat im Felsendom, und im Radio sprechen sie nach dem Gebet über Krieg.
Nora Bossong reist in ihrem neuen Gedichtband von der deutschen Provinz übers Mittelmeer ins Heilige Land und weiter, der Zeitsprung ist ihre natürliche Gangart. Erfahrungshungrig spürt sie poetische Szenen zwischen jahrhundertealter Vergangenheit und konzentrierter Gegenwart auf. Fast beiläufig nimmt sie Menschen, Orte, Traditionen in den Blick und beschreibt sie mit subtilem Humor und Feingefühl, ohne ihnen ihre Geheimnisse zu nehmen.
NEU
Erschienen: 12.11.2018
Gebunden, 101 Seiten
ISBN: 978-3-518-42818-4
Auch als eBook erhältlich
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